Am Anfang war das Wasser
Feinschmecker wissen: Wasser ist nicht gleich Wasser. Ob als Trinkwasser, für die Kaffeezubereitung oder beim Bierbrauen – die Qualität und Zusammensetzung sind entscheidend. Braumeister Heinz Wasner öffnet die Türen des Waldviertler Wasserwerks und gewährt kristallklare Einblicke in die Bedeutung des Wassers für die Entstehung der Zwettler Biere.
Der Zwettler Braumeister Heinz Wasner schöpft mit dem besonders weichen Waldviertler Wasser aus dem Vollen – es ist besonders gut für das Bierbrauen geeignet und gibt dem Bier seinen unverwechselbaren Geschmack
Dass Wasser, eine an sich farb- und geruchlose Flüssigkeit, nicht immer gleich schmeckt, weiß wohl jeder, der sich einmal durch verschiedene Sorten von Mineralwasser gekostet hat. Selbst der beste Wein kann an Geschmack verlieren, wenn das dazu servierte Mineralwasser nicht harmoniert. Und auch Kaffeeexperten wissen: Zu hartes oder zu weiches Wasser kann den Kaffeegenuss erheblich beeinträchtigen. Ähnlich verhält es sich beim Bier: „Mit 93 Prozent ist Wasser die Hauptzutat von unserem Bier“, erklärt Braumeister Heinz Wasner. „Doch leider wird diese Zutat oft unterschätzt.“ Denn die spezifische Zusammensetzung der im Brauwasser gelösten Salze und Mineralien beeinflusst den Geschmack, das Aroma und sogar die Farbgebung des Biers.
Bier an der Quelle
Daher siedelten sich Brauereien in der Vergangenheit traditionell dort an, wo ausreichend gutes Wasser vorhanden war. Bevor man in der Lage war, Wasser aufzubereiten, prägten die Härtegrade und die Zusammensetzung des Wassers sogar den jeweiligen Bierstil. So sind Bierstile wie Pils, Märzen, Wiener Lager oder auch IPA eng mit den historischen Mineralwerten des Wassers in ihren jeweiligen Regionen verbunden. Bis heute verfügt ein Großteil der heimischen Brauereien über eigene, geschützte Wasservorräte. Denn: „Nur wo es gutes Wasser gibt, gibt es gutes Bier“, hält Wasner fest. Auch für Georg Schwarz, einen Vorfahren der heutigen Eigentümerfamilie von Zwettler, war das weiche Quellwasser ausschlaggebend, sich Ende des 19. Jahrhunderts mit seiner Brauerei in Zwettl niederzulassen. Bis heute ist Wasser der zentrale Rohstoff für das Bierbrauen. „Es ist die Substanz unserer Brauerei“, betont Karl Schwarz, der die Zwettler Brauerei in fünfter Generation führt.
Auf die Härte kommt es an
Die Geologie spielt eine entscheidende Rolle für die Menge und Zusammensetzung der Mineralstoffe im Wasser. Während es über Jahre hinweg durch verschiedene Gesteinsschichten sickert, reichert es sich mit zahlreichen mineralischen Komponenten an, die den Geschmack beeinflussen. In Österreich stammt das Wasser überwiegend aus den Alpen und der Böhmischen Masse, wodurch es nahezu frei von Nitraten und anderen Verunreinigungen ist. Neben der Sauberkeit und Schadstofffreiheit ist für die Herstellung von Bier der Härtegrad wichtig. „Die Härte des Wassers beeinflusst den Charakter des Bieres“, konkretisiert Wasner bei einem Lokalaugenschein entlang des Zwettler Bierweges. Für das Brauen heller Biere ist weiches Wasser besonders vorteilhaft, da es weniger Salze und Mineralien enthält. Zudem löst es beim Maischen die Inhaltsstoffe des Malzes leichter heraus.
Die Kraft des Terrains
Das Waldviertler Quellwasser, auch „Goldener Strom“ genannt, durchströmt das regionale Urgestein-Hügelland und bildet ein Reservoir an besonders weichem Wasser. Anstatt tief ins Gestein zu sickern, bleibt es nahe an der Oberfläche und durchwandert die Wälder. Dieses Wasser entspringt dem Böhmischen Massiv, einem geologischen Gebilde, das sich über Tschechien, Österreich und Deutschland erstreckt. Die geologische Beschaffenheit dieses Massivs, bestehend aus kristallinen Gesteinen wie Granit, Gneis und Schiefer, filtert das Wasser auf natürliche Weise und sorgt für eine konstante Zusammensetzung sowie besondere Reinheit. Durch die Nutzung dieses Wassers stellt die Privatbrauerei Zwettl sicher, dass ihre Biere nicht nur rein sind, sondern auch einen speziellen, regionaltypischen Charakter besitzen. „Unsere Biere spiegeln die Einzigartigkeit der Region wider“, bringt es Karl Schwarz auf den Punkt.
Cuvée aus drei Quellen
„Dass Hopfen und Malz für unsere Biere aus der unmittelbaren Umgebung der Brauerei stammen, ist bekannt. Aber auch das für das Bierbrauen so wichtige Wasser sprudelt bei uns aus eigenen Quellen“, erzählt Schwarz weiter. Das Wasser, ein Cuvée aus 20 Quellen der drei Quellschutzgebiete Reichers, Kamptal und Zigeunerbründl, wird im eigenen Wasserwerk, dem historischen Gebäude der Kaiser-Franz-Josef-Wasserleitung, gesammelt und zur Brauerei geleitet. „Das Wasser aus den 20 Quellen ist optimal für den Brauprozess unserer Bierspezialitäten geeignet“, verrät Heinz Wasner. Dank der Qualität und des geringen pH-Werts des Wassers muss dieses nur geringfügig aufbereitet werden. Lediglich der Anteil an Eisen und Mangan wird herausgefiltert. „Wir haben sehr hohe Qualitätsansprüche an unser Brauwasser und gehen extrem sorg- und sparsam damit um“, fügt Wasner hinzu.
Das kostbare Element
„Obwohl Österreich zu den wasserreichsten Ländern in Europa gehört, ist Wasser ein sehr kostbarer Rohstoff“, erinnert der leidenschaftliche Braumeister. Dieser Reichtum bringt zwar große Nutzungspotenziale mit sich, aber auch die gesellschaftliche Verpflichtung, sorgsam mit der Ressource Wasser umzugehen. „Wenn ich die letzten 28 Jahre als Braumeister in Zwettl Revue passieren lasse, dann haben wir früher Wasser im Überfluss gehabt; die Quellen haben Wasser geschüttet ohne Ende. Mittlerweile müssen wir mit dem Wasser viel bewusster umgehen und gut haushalten, denn für die Bierproduktion benötigen wir weitaus mehr Wasser, als letztlich im Bier enthalten ist. Unsere Brauerei arbeitet deshalb intensiv daran, den Wasserverbrauch zu reduzieren. Derzeit liegen wir bei etwa 400 bis 500 Litern Wasser für 100 Liter Bier“, konkretisiert der Braumeister. Diese Zahl umfasst nicht nur das Wasser, das direkt in Bier verwandelt wird, sondern auch das Wasser, das für Reinigungsprozesse, die Kühlung und viele weitere Vorgänge in der Brauerei verwendet wird. Angesichts des hohen Wasserverbrauchs ist die Optimierung des Ressourceneinsatzes ein zentrales Anliegen der Brauindustrie.
Tropfen für Tropfen
„Wasserschutz ist nicht verhandelbar“, ist sich Karl Schwarz sicher. Verantwortungsvoll und nachhaltig Bier zu produzieren ist für ihn unabdingbar. Denn selbst wasserreiche Gegenden wie das Waldviertel sind von zunehmender Trockenheit betroffen. „Nur durch sorgsamen Umgang mit Wasser sichern wir die natürlichen Vorkommen für die nächsten Generationen.“ Die Privatbrauerei plant deshalb, in den kommenden Jahren mehr als 17 Millionen Euro zu investieren – der Großteil davon fließt in eine hochmoderne Abfüllanlage, die 2025 in Betrieb genommen werden soll. „Dank der neuen Abfüllanlage werden wir den Wasserverbrauch um 20 Prozent senken“, zeigt sich Braumeister Heinz Wasner begeistert. Ein zusätzlicher Vorteil dieser Anlage ist der deutlich geringere Verbrauch von Energie und Hilfsstoffen. „Wasser ist ein unschätzbares Gut – nicht nur für uns als Brauerei, sondern für alle Menschen. Wasser ist die Grundlage jedes Lebens und gehört geschützt“, fasst der Brauerei-Eigentümer Karl Schwarz zusammen.
Entlang des Zwettler Bierwegs im Tal des Sierningbachs entdeckt man die Brunnen und Quellen, die das Wasser für die Zwettler Brauerei liefern
Das Wasser aus den drei Quellschutzgebieten Reichers, Kamptal und Zigeunerbründl gelangt ins Kaiser-Franz-Josef-Wasserwerk und das benachbarte Zwettler Wasserhaus, bevor es in der Brauerei in die Bierproduktion übergeht
Wasser ist die Quelle seines Schaffens: Braumeister Wasner verwandelt dieses kristallklare Element gekonnt in flüssiges und süffiges Gold
Grafik: © Privatbrauerei Zwettl
Fotos: © Philipp Lipiarski
Kategorie: Allgemein, Beverage, Branche, Gastronomie | F&B, Schlagzeilen, Veranstaltungen