Wein, Welt und Werte – Willi Opitz im Gespräch
Wein, Welt und Werte – Willi Opitz
Ein Gespräch mit dem Winzer Willi Opitz
Der international ausgezeichnete Winzer Willi Opitz präsentiert seine Rot- und Weißwein-Sommereditionen mit dem Slogan „I pfeif auf Ibiza, i bleib a Illmitzer“. Mit ihrem frischen, fruchtigen und exotischen Geschmack verbreiten diese tatsächlich sommerliche Partystimmung à la Ibiza. Oder schwingt hier etwa auch ein politisches Statement mit? Wir fragten nach, welche Rolle Illmitz in der internationalen Weinszene spielt und wieviel Platz Ethik und Politik bei Weinanbau und Vermarktung haben.
Herr Opitz, man sieht Sie auf Fotos mit Arnold Schwarzenegger, Bill Clinton und Prince Charles. Wie politisch aktiv kann man als Winzer aus Illmitz sein?
In erster Linie geht es uns natürlich um die Liebe zum Wein. Wir haben aber in den letzten Jahren erlebt, dass man auch als kleiner Winzer aus Illmitz über die Grenzen hinaus Schritte setzen kann, die auch von großen Politikern wahrgenommen werden.
In diesem Sommer hat Ibiza für viel Aufsehen gesorgt. Darf man als Winzer politisch provokant sein?
Warum nicht? Zum Staatsbesuch von Kim Jong-un haben wir uns erlaubt, den Wein „Kim Kim“ zu kreieren und dem koreanischen Oberbefehlshaber mit den Worten „Make Wine, Not War“ zu entsenden. Eine kleine Geste, die keinem weh getan hat.
Sie gehen offen in die Welt. Kommt die Welt auch nach Illmitz?
Zu uns kommen zu 80 Prozent Gäste aus dem Ausland. Weinliebhaber aus aller Welt reisen per Auto, Zug, Flugzeug oder sogar mit dem Privat-Jet an. Illmitz kennt man mittlerweile. Einfach, weil wir hier etwas bieten, was es in dieser Form nur hier bei uns gibt.
Folgen Sie dabei auch aktuellen Trends?
Heute gibt es meiner Ansicht nach viel zu viele Trends. Wir sind geradezu vertrendet. Viel wichtiger sind jedoch Authentizität und Wahrhaftigkeit. Die Suche danach kann man aber vielleicht auch als Trend bezeichnen.
Was macht Ihr Angebot so authentisch?
Meine Frau und ich sind Quereinsteiger. Für unsere Leidenschaft haben wir vor vielen Jahren unsere Berufe aufgegeben. Und diese Leidenschaft geben wir weiter. Unseren Gästen bieten wir nicht nur Wein, sondern immer auch ein besonderes Erlebnis. Wir vermitteln Genuss und Wissen. Und nicht zuletzt auch Werte. Das ist es auch, was unsere Gäste schätzen.
Was ist Ihnen dabei besonders wichtig?
Das beginnt schon damit, dass wir jede Verkostung mit einem Besuch unserer Weingärten beginnen. Ohne Handy. Ohne Ablenkung. Einfach in die Natur – und erst dann gibt es im Garten einen ersten Aperitif.
Natur und Naturschutz sind auch Merkmale von Biowein. Wie stehen Sie dazu?
Naturschutz ist immer wichtig. Bioweine können aber in den seltensten Fällen garantiert werden. Das liegt daran, dass unsere Weingärten in Österreich viel zu klein sind. Wenn ich Nachbarn habe, die ihre Gärtenspritzen, kann ich selbst auch nicht guten Gewissens Bioprodukte anbieten. Ich denke, man sollte bei diesen Etikettierungen daher immer auch die Größe eines Betriebes berücksichtigen.
Wie wichtig ist Größe? Und wie gelingt es Ihnen, Erfolg und Ethik zu vereinen?
Für uns ist Ethik Teil des Erfolgs. Vor kurzem haben wir eine Kooperation beendet, die uns größere Produktionsmengen erlaubt hätte. Doch jetzt haben wir uns wieder von 17 auf 6 ha verkleinert. Und das ist gut so. Die Kleinheit, die Fokussiertheit – das ist es, was uns ausmacht. So können wir unsere Werte leben. Erfolg hat nicht notwendigerweise mit der Größe eines Betriebs zu tun.
Was bedeutet für Sie Erfolg?
Zum einen geht es natürlich darum, das,was wir tun, wirklich gut zu tun. Wir kreierenbesondere Weine. Weine wie den Schilfwein, den Blutmond oder den Gänsemarsch, oder auch unseren Cabernet Sauvignon Blanc. Damit haben wir völlig neue Wege eingeschlagen und sind mit einigen Nischenprodukten weltweit führend. Zum Beispiel unser Wein „Pole Position“ steht bei histaminarmen Weinen ganz vorne an erster Stelle.
Sie beraten Winzer in aller Welt. Welcher Rat hat sich dabei immer bewährt?
Bei der Weinproduktion und auch bei der Vermarktung geht es um Authentizität. Für jede Region, jede Lage, jeden Boden gilt es, einen Wein zu kreieren, den es so noch nicht gibt, der einzigartig ist und der perfekt genau hierher passt. Beim Branding geht es immer um Produktion – Präsentation – Position.
Wie greifen Produktion, Präsentation und Positionierung beim Branding Ihrer Weine ineinander?
Unser „Gänsemarsch“ ist zum Beispiel inspiriert von jungen Gänsen, die alle der großen Muttergans nachfolgen. Bei diesem Cuvée führt der Grüne Veltliner. Dahinter folgen Weißburgunder, Ruländer, Muskat Ottonel und Chardonnay. Dieser Klassiker aus unserem Haus ist auch ein Beispiel, das wir gerne für unsere Leadership-Seminare verwenden: Nur wenn alle einem folgen, kann gemeinsam ein stimmiges Ganzes entstehen. Ebenfalls aus unserer Nähe zum See entstand der „Blutmond“. Wir hatten als erste die Idee, Trauben auf Schilf zu trocknen, und so den Schilfwein geschaffen – einen der führenden Süßweine weltweit. Von der regionalen Besonderheit haben wir dann – mit der Pressung am Tag des Blutmondes – eine kosmische Besonderheit hinzugefügt. So einen Blutmondwein wird man erst 2025 wieder pressen können, wenn sich der Mars das nächste Mal auch über Europa vor die Sonne schiebt. Eine weitere unserer Innovationen ist der von unserer Nähe zur Formel 1 inspirierte „Pole Position“. Wir haben dazu einen Cabernet Sauvignon ohne Schale gepresst. Dadurch hat der beliebte Rotwein nicht nur das Erscheinungsbild eines Weißweins, sondern auch lediglich 0,1 mg Histamin. Für Allergiker und damit auch für Gastronomen ein echter Siegerwein. Der Cabernet Sauvignon Blanc hat dabei die fruchtige Nase eines Weißweins und den samtig weichen Geschmack eines Rotweins.
Sie helfen auch anderen Winzern bei der Vermarktung. Wie kam es dazu und wie gehen Sie hier vor?
Vor vielen Jahren wurde ich von einem Mann angesprochen, der in Rumänien sozusagen auf der grünen Wiese Wein anbauen wollte. Ich habe das Grundstück in Transsylvanien besucht und eine einzigartige Mischung zweier Sorten empfohlen, die zu diesem Boden und dieser Region passen und gleichzeitig eine neue Nische öffnen. Für die Vermarktung haben wir die Fledermaus (rumänisch Iliac) gewählt. Die „Bloody Good Wines“ der „Domaine Iliac“ sind heute international bekannt. Als Zulieferer des Österreichdorfs bei den Olympischen Spielen habe ich später einen Armenier kennengelernt, der gerade mit dem Weinbau begonnen hatte und seine Weine auch in Westeuropa vermarkten wollte. Wir haben daraufhin nachgedacht, was man hier von Armenien kennt, und den Wein „Radio Jerewan“ getauft. Verkauft wird jede Flasche mit einem typischen Spruch, wie zum Beispiel: „Frage an Radio Jerewan: Stimmt es, dass in Amerika jeder ein Auto hat? Antwort: Ja, aber bei uns hat jeder einen Parkplatz.“
Ziehen Sie aus diesen Beratungen ebenfalls einen Benefit?
Ja, natürlich. Zum einen können wir so zum Aufschwung wirtschaftlich schwacher Regionen beitragen. Zum anderen hat uns beispielsweise die Zusammenarbeit mit der Prince of Wales Foundation in Transsylvanien eine Tür geöffnet, als wir mit „I love Silly“ den Weinanbau in Cornwall begründet haben. Lady Camilla hat unsere Einladung zur Präsentation 2018 persönlich angenommen. Dort war sie so begeistert von der Art und Weise, wie wir Wein anbieten, dass wir anschließend persönlich in die privaten Räume des Buckingham Palace eingeladen wurden und Lady Camilla und Prince Charles als sehr fachkundige als auch sympathische Weinliebhaber kennenlernen durften.
Was macht Ihre Weinpräsentation so besonders?
Vor allem die Liebe zum Detail. Wir überlegen uns, welche Aromen perfekt zu einem bestimmten Wein passen. Meine Tochter
Angela und ihr Mann Ian Ashworth bringen viel Kreativität und auch die Erfahrung aus der Sterneküche mit ein und schaffen so einmalige Erlebnisse. Zum Beispiel servieren wir zum Frizzante eine mit der Essenz von Merlot gefüllte Himbeere. Zum Pinot Gris passt eine bestimmte grüne Olive und für Cornwall haben wir unsere eigene Fish & Chips Variation als spezielles Food Pairing kreiert.
Welchen Rat haben Sie für die Gastronomie, um Wein zum Erlebnis zu machen?
Oft geht es einfach um die kleinen Gesten. Mit der Frage, was der Gast trinken möchte, ist es sicher nicht getan. Stattdessen
kann man bereits bei der Weinempfehlung zeigen, dass man sich wirklich Gedanken gemacht hat und in der Lage ist, dem Gast eine besondere Freude beim Weingenuss zu machen. So kann man etwa fragen, ob sich der Gast die Zeit nehmen möchte, eine kleine Weinfolge mit dazu passenden Aufmerksamkeiten kennenzulernen, die sich der Koch extra zu diesen Weinen überlegt hat. Wertschätzung für den Gast lässt sich aber auch vermitteln, wenn zum Frizzante eine Olive serviert oder das Glas vor dem Gast aviniert wird, sodass das Aroma voll zur Geltung kommt und der Weingenuss tatsächlich als Genuss erlebt werden kann. Sie wären überrascht, wie viele Gäste dann gerne noch ein zweites Glas bestellen und auch das nächste Mal wieder auf ein Glas oder zwei vorbeikommen.
Fotos:©Martin Trenkler
Text & Interview:©Heidrun Schwinger
Kategorie: Gastronomie | F&B