Die gute Stube – Gasthof Post

19. Februar 2018 Mehr

Ein Flachdach-Zubau aus den 1960er-Jahren lässt sich nur schwer in das historische Ortsbild eines alpinen Dorfes integrieren. Wie diese bestehende Architektur in ein modernes und zugleich ländlich anmutendes Gesamtkonzept integriert werden kann, zeigt das Hotel Gasthof Post in Lech mit der jüngsten Modernisierungsphase.

Seit 2010 wird das Hotel nun bereits zum dritten Mal um- und ausgebaut. In allen drei Bauphasen 2010, 2014 und 2017 arbeiteten cp architektur und das Atelier Rainer + Amann Hand in Hand. Für Architektur und Bauleitung zeichnet Rainer + Amann verantwortlich. Architekt Christian Prasser von cp architektur übernahm die Konzeption und Innenarchitektur.

 

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Erste Überlegungen zu einem Ausbau der Küche und damit einhergehend auch einer Modernisierung des Speisesaals gab es bereits während der Umbauphase 2010 und so wurden damals rund um die neu zu planende Küche die baulichen Grundlagen für die Neugestaltung der Speiseräume gelegt. Vorgabe der Auftraggeber war es, die Re­staurants zeitgemäß zu interpretieren, ohne den Altbestand zu verleugnen, und gleichzeitig die Anbindung an die neue Küche so umzusetzen, dass die Abläufe zwischen Küche, Service und Gästen optimiert werden.
Während die kleineren Stuben lediglich im bestehenden Stil restauriert werden sollten, galt es, den Speisesaal in seiner Funktionalität und Anmutung völlig neu zu erfinden. Durch die Verlegung der ehemaligen Küche konnte zunächst der Vorraum flächenmäßig stark vergrößert und der Buffetbereich aus dem Speisesaal in diesen verlegt werden. Das Buffet ist nun von allen drei Essräumen aus erreichbar und bei Bedarf samt Vorraum von den Speiseräumen abtrennbar. Im großen Speisesaal sind stattdessen drei zusätzliche Servicestationen eingeplant. Diese und die Bestuhlung der Zweier- und Vierertischkonstellationen kann für größere Gesellschaften bis hin zur Hochzeitstafel wiederum rasch umgestellt werden.
Bei aller funktionalen Freiheit stellte der Speisesaal eine Herausforderung in gestalterischer Hinsicht. Er befindet sich in einem eigenständigen Zubau aus den 1960er-Jahren, nahtlos eingefügt in das L-förmige Gebäude-Ensemble des Hotels, jedoch denkbar untypisch für das historische Ortsbild von Lech. Um sich besser in die umgebende Architektur einzufügen, ist das Flachdach deshalb begrünt und die neue, großzügige Glasfassade Richtung Norden und Osten mit feinen horizontal ausgerichteten Lamellen umspielt. Diese sind aus gebürstetem, bronze-eloxierten Aluminium mit feiner Ziselierung und zitieren die geschnitzten Abschlüsse von Balkonen, Erkern und Dachüberständen im ländlichen Raum.
Für die Gäste des Speisesaals sind die neuen Panoramafenster ein wesentlicher Gewinn. Durch sie öffnet sich der Blick auf sonnenbeschienene Bergspitzen, bis ins Tal reichende Schipisten und Wanderwege und das alpine Dorf selbst. Aufgrund der Ausrichtung der Glasflächen nach Norden und Osten besteht zudem keine Gefahr für Überhitzung und Blendung.
Den Fenstern gegenüber wurde eine holzgetäferte Rückwand mit Elementen klassischer Bauernstuben eingefügt. Alpine Landschaftsbilder mit ländlicher Architektur und fiktiver, teils idealisierter Landschaft stehen hier der realen, modernen Kulisse gegenüber.
Als Spange, die das moderne Fenster und die alpin anmutenden Böden und Wandtäfer aus wärmebehandelter Eiche zusammenhält, dient die weißlackierte Kassettendecke. Inspirationsquelle war hier, wie schon bei der Neugestaltung der Zimmer im Haupthaus, die „Gute Stube“, deren Täfer bei bürgerlichen Gesellschaftsschichten im Gegensatz zu den bäuerlichen Nachbarn gerne weiß lackiert wurde. Die strukturierte Kassettendecke wurde außerdem mit einem feinen Lochraster versehen, um eine angenehme Raumakustik zu erzielen.

Ein zentral im Restaurant platzierter Kachelofen aus dem Bestand ist neben dem warmen Eichenholz das zentrale Farbelement des Raums. Sein Grün findet sich in etwas abgeschwächter Form auch in den Stoffen und in den Pendelleuchten wieder. Die Grundausleuchtung des Raums wird über verdeckte LED-Spots in der Decke erzielt. Je nach gewünschter Lichtstimmung können diese nicht nur in der Helligkeit, sondern auch in der Lichtfarbe zentral gesteuert werden. Zur Steigerung der Behaglichkeit und zur Akzentuierung wurden die Tische entlang des Panoramafensters und entlang der Holzwand mit Doppelpendelleuchten ausgestattet. Die Lampenschirme stammen aus der Wiener Manufaktur Mano Design und wurden von der Designerin Hedwig Rotter an den Ort angepasst. Sie verwendet für ihre Entwürfe Netzstrümpfe, Spitzen und Schablonen, die auf den rohgebrannten Scherben aufgebracht und dann mit Farbe versehen werden. Durch das Aufspritzen der Farbe entstehen sanfte Farbverläufe, die eine sehr lebendige Oberfläche erzeugen. In ihrer feinen Ziselierung erinnern sie an ländliche Schnitzereien und nehmen so auch wieder das Motiv der Lamellen rund um die Panoramafenster auf.
So entsteht sowohl von der Außenansicht als auch im Innenraum ein homogenes, bäuerlich anmutendes Gesamtbild, das der gewachsenen Dorfkulisse ebenso entgegenkommt wie den Anforderungen an einen modernen Hotelbetrieb.

 

 

Fotos:©Herbert Lehmann

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Kategorie: Innovationen

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