„Serviettenklosz“ & „Stärkemus“

29. April 2015 Mehr

 

Interview — Laut dem Deutschen Wörterbuch der Gebrüder Grimm wahrscheinlich aus dem französischen „boudin“ (Blutwurst) abgeleitet, galt der Pudding ursprünglich als pikante Kost und bestand – je nach Überlieferung und Landstrich – aus Brot, Gemüse oder Fleisch, eingewickelt in eine Hülle aus Magen oder Darm. Im 18. Jahrhundert war er lt. Grimm im deutschen Sprachraum besser als „serviettenklosz“ bekannt, während er im englischen Sprachraum zum heute bekannten „Pudding“ mutierte. Diese Bezeichnung setzte sich schließlich auch für das „Stärkemus“ durch, eine süße, gebundene Creme, die in der heutigen Gastronomie auch Dessertcreme oder Flammeri genannt wird.

 

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„What´s for Pudding“ – im angelsächsischen Raum umgangssprachlich „Was gibt´s zum Nachtisch“ – heißt das Buch von Eva-Maria Lipp, Leiterin der Frische KochSchule der Landwirtschaftskammer in Leoben, Steiermark. Sie stellt darin variationsreiche süße wie auch pikante Rezeptgestaltung vor, zu dem hotelstyle & gastro sie befragt hat:

Renaissance des Puddings. Womit glauben Sie hat dies zu tun?

Insbesondere junge Menschen finden großen Gefallen am Pudding. Es ist meist ein luftig leichtes Dessert oder auch eine moderne pikante oder süße Hauptspeise. Wir kennen ihn alle aus der Kindheit. Durch das klassische Puddingpulver mit seinen Zusätzen ist man eher davon abgekommen, doch die Möglichkeit, ihn auf ganz natürliche Weise herzustellen, lässt Pudding gedanklich wieder zu.

Mann kann Ihren Rezepten entnehmen, dass Sie großen Wert auf natürliche Inhaltsstoffe legen. Wie sieht für Sie eine gelungene Umsetzung aus?

Natürliche Inhaltsstoffe sind bei allem in der Küche mein großes Credo. Es ist möglich und ganz einfach, mit natürlichen und regionalen Zutaten hervorragende Speisen herzustellen. Der Vorteil: Es schmeckt überall anders und vor allem können damit auch die unterschiedlichen Geschmäcker in unserem Land erhalten werden. Ich verwehre mich gegen eine Globalisierung des Geschmackes. Kreativität lässt viel Spielraum offen!

 

 

Welche Auswahl an Puddings gibt es? Wie unterscheiden sie sich in der Zubereitung?

Die Variationen Dampfpuddings und Puddings aus Flüssigkeit und Stärkemehl sind die bekanntesten. Manche Rezepte ähneln auch Aufläufen. Für einen Dampfpudding wird immer ein Rührteig zubereitet, der anschließend in einen Dampfgarer oder auf ein Backblech mit Wasser ins Rohr kommt. Bei der raschen Variante genügt es ein ganz gewöhnliches Einkochen von in Flüssigkeit verrührtem Stärkemehl und Geschmacksstoffen bzw. Eidottern. Einmal aufkochen lassen und in Formen füllen. Gut ausgekühlt können diese Puddings – je nach Stärkemehlmenge und Festigkeit – auch gestürzt werden.

Was kann alles als Bindemittel benutzt werden?

Maisstärkemehl, Erdäpfelstärkemehl, Reisstärke – am bekanntesten ist natürlich die Maisstärke. Mir geht es ja auch immer darum, dass die Lebensmittel leicht verfügbar sind.

Welche Temperaturen hat der Pudding am liebsten, welche ist die optimale zum Servieren?

Es gibt heiß zu servierende Puddings, vor allem jene der pikanten Variationen. Die süßen Dampfpuddings werden üblicherweise auch heiß serviert. Anders ist es bei den stärkehaltigen Sorten, die von lauwarm bis kalt und sehr kalt in gestürzter Form aufgetragen werden. Nach der Zubereitung zur Lagerung ist natürlich Kühlschranktemperatur zu empfehlen. Gar nicht mag der Pudding, wenn er nicht aufkochen kann, da es dann auch zu keiner Verkleisterung der Stärke kommt und er nicht fest wird. Das Erhärten kann man durch Kälte fördern und durch Wärme hinauszögern.

 

 

Was muss in der Gastronomie beachtet werden, wenn eine große Menge Pudding vorzubereiten ist?

Abdecken schützt vor einer unschönen Haut und vor anderen möglichen Geschmäckern, die es im Kühlschrank gibt. Gestürzte Puddings werden erst kurz vor dem Servieren gestürzt und garniert.

Wie sieht es mit der Großmengenherstellung in der Gastronomie aus?

Bei den süßen Arten auf Stärkebasis kann die Menge sehr leicht angepasst werden. Diese sind rasch nachzukochen, wenn einmal zu wenig da ist. Jene auf Dampfpudding-art sind dafür länger haltbar und müssen bei Bedarf nur erwärmt werden.

Vegan, vegetarisch, laktose- und glutenfrei. Tipps dafür?

Alles ist möglich. Es können auch pflanzliche Milchsorten Verwendung finden (Soja, Reis, Weizen, Hafer, …) bzw. laktosefreie Milch. Stärke ist glutenfrei und somit auch kein Problem. Allerdings ist darauf zu achten, dass das Stärkemehl geprüft und die durchgestrichene Ähre auf der Packung zu finden ist. Pudding ist für alternative Ernährungsformen bzw. Unverträglichkeiten und Allergien leicht umzusetzen.

Und Ihre persönlichen Vorlieben?

Schoko-Minze-Pudding, Mohn-Marzipanpudding, Malzbierpudding, Roggenschrot-Schafkäse-Pudding und Bergkäsepudding.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Interview: Anja Leinich / Fotos: Ulrich Hantsch

Buchtipp: „What´s for Pudding” (Edition Esspapier)

 

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Kategorie: Food, Gastronomie | F&B

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