Koch des Jahres – Markus Mraz

15. Februar 2018 Mehr

Im „Mraz & Sohn“ in der Wiener Wallensteinstraße gibt es keine Speisekarte, sondern stattdessen die Wahl zwischen vier, sechs und neun Gängen. Die Gäste und Freunde des Hauses können sich hier somit „in Zeiten des Überflusses und der andauernden Reizüberflutung“, so die Gastgeber, „ganz auf das Wesentliche konzentrieren: Genuss, Abschalten, einfach Loslassen…“

 

Mraz Familie

Markus Mraz mit seinen Söhnen Lukas (links) und Manuel (rechts).

 

In der Küche steht der Chef persönlich. Markus Mraz kocht kreativ, experimentell und unkonventionell, bleibt dabei aber ganz am Punkt. Sein Essen soll schmecken und nicht nur dem Koch sondern vor allem dem Gast Freude bereiten. 1995 wurde „Mraz & Sohn“ dafür mit der ersten seiner mittlerweile drei Hauben bedacht und der Küchenchef Ende 2017 von Gault&Millau zum „Koch des Jahres 2018“ erklärt. Diese Entscheidung untermauern Cherfedakteurin und Herausgeber Martina und Karl Hohenlohe wie folgt: „Was bei Mraz und Sohn an Finesse, Eleganz und Kreativität geboten wird, ist höchstes Niveau. Markus Mraz verkörpert alles, was wir bei einem Koch suchen: fundiertes Handwerk, eine individuelle Linie und eine kompositorische Gabe, die uns schon seit Jahren zum Staunen bringt.“
Wir gratulierten Markus Mraz zur aktuellen Auszeichnung und sprachen mit ihm über seine Karte, das Arbeiten im Team und über Wien als kulinarisches Reiseziel.

Zuerst mit dem Vater und nun mit dem Sohn einen Betrieb zu führen, das gelingt nicht jedem. Wie meistern Sie das Zusammenspiel der Generationen?
Bei uns war es schon immer so. Zuerst habe ich bei meinem Vater ausgeholfen, dann einen eigenen kleinen Betrieb geführt. Mein Vater ist mit dem Vorschlag gekommen, etwas Gemeinsames zu machen, hat aber von Anfang gesagt, dass er mir zwar hilft, wo er kann, sich aber nach und nach zurückziehen möchte und dass ich schauen soll, dass ich den Betrieb selbst über die Bühne bringe. Und so war das dann auch.

Und wie funktioniert es mit den Söhnen?
Mein Sohn Manuel ist Restaurantleiter. Ich bin in der Küche. Und mein Sohn Lukas ist zur Zeit in Berlin. Jeder hat seinen eigenen Bereich, wo er sich ausleben und weiterentwickeln kann. Das ist innerhalb der Familie genauso wichtig wie in einem gut eingespielten Team.

Wie groß ist Ihr Team derzeit?
In Service und Küche sind wir insgesamt zu zwölft. Wir arbeiten Hand in Hand, setzen uns Freitag Abend zusammen, besprechen die nächste Woche und was sonst so anfällt. Da ist jeder eingebunden, auch die Lehrlinge.

Ist es schwer, gute Mitarbeiter zu finden?
Nein, wir haben sehr gute Leute. Unsere Lehrlinge zum Beispiel sind oft Studienabbrecher, die ihre Liebe zur Gastronomie entdeckt haben. Begeisterung für den Beruf muss man mitbringen, sonst funktioniert es nicht. Für die Küche haben wir viele Anfragen, auch aus dem Ausland. Das sind sehr interessierte Kollegen, nur bleiben sie natürlich selten länger. Aber das ist heute so. Daran muss man sich gewöhnen.

Und im Service?
Ja, da ist es schwieriger, engagierte Leute für die Arbeit im Service zu finden. Viele machen diese Arbeit, weil sie keine andere finden. Dabei gehört zum Service mindestens genauso viel Leidenschaft und Kompetenz wie zum Kochen. Unsere Mitarbeiter müssen mit den Gästen sprechen und sie beraten können – über Speisen, Getränke, Desserts – und auch einmal direkt beim Tisch vor den Gästen tranchieren. Das macht den Beruf schon sehr anspruchsvoll und abwechslungsreich.

Entstehen auch die Gerichte im Team?
Eigentlich entstehen die meisten Gerichte am Markt, inspiriert durch das Produkt. Oft nehme ich das jeweilige Produkt mit nachhause, probiere aus, ob man damit arbeiten kann und womit es sich kombinieren lässt. Dann muss es auch noch in die Karte passen. Und dann ist auch noch die optimale Getränkeempfehlung wichtig. Da ist das Team schon sehr eingebunden.

Der Gast wählt bei Ihnen nicht von einer Karte im herkömmlichen Sinn, sondern unterschiedlich viele Gänge eines Menüs. Wie gehen Sie mit Unverträglichkeiten oder Vorlieben um?
Unsere Menüs sind so gestaltet, dass wir relativ leicht auf individuelle Anliegen eingehen können. Meist klärt sich das schon bei der Reservierung. Es gibt zum Beispiel immer auch einen rein vegetarischen Hauptgang. Und die anderen Gänge lassen sich dann entsprechend adaptieren. Insgesamt ist die internationale Küche heute ja ohnehin viel gemüselastiger geworden. Fisch und Fleisch haben wir zwar nach wie vor immer auf der Karte, sie spielen aber nicht so eine zentrale Rolle wie früher.

Wie oft wechselt die Karte?
Die ganze Karte wechseln wir gar nicht so oft. Meist tauschen wir einzelne Gerichte, die dann eben auch zum Ganzen passen müssen, ohne dass sich wesentliche Komponenten in den einzelnen Gängen wiederholen. Nach und nach changiert so die ganze Karte etwa drei bis vier Mal pro Jahr.

Und das passt auch für Stammgäste?
Ja, das passt sehr gut. In ein Wirtshaus kommen viele Gäste wöchentlich bis fast täglich. Unsere Stammgäste aus Wien oder der näheren Umgebung kommen drei bis vier Mal im Jahr zu uns. Wir haben aber dank der positiven Resonanz in verschiedenen Fachmedien auch viele internationale Gäste, die uns vielleicht ein oder zwei Mal jährlich besuchen.

Ein Haubenlokal zu führen, war dieser Schritt von Anfang an geplant?
Wieder ein Wirtshaus, nur an anderer Stelle, wäre unlogisch gewesen. Wir wollten etwas Eigenes machen, auch mit einer anspruchsvollen Küche. Dass daraus ein Haubenlokal geworden ist, war gut, aber nicht das erklärte Ziel. Wir freuen uns darüber. Und auch über die aktuelle Wahl zum „Koch des Jahres“. Vielen Dank an dieser Stelle!

Hat die Haube etwas verändert?
Ja, auf jeden Fall! Ich muss mich da wirklich bei allen Journalisten bedanken, die über uns geschrieben haben. Zuerst ist ein Artikel in der Presse erschienen, dann im Gault&Millau, im Falstaff und im A la Carte. Das hat uns wirklich sehr geholfen! Auch in Hinblick auf unsere internationalen Gäste.

Ist Wien eine interessante Destination für Kulinarikreisende?
Ja, definitiv. Wir haben eine sehr lange und gute Tradition der Wiener Küche und auch eine gute und langjährige Wirtshauskultur. Zusätzlich bieten zahlreiche Haubenlokale österreichische Küche auf höchstem Niveau. Und dann beobachten wir auch, dass in Wien immer mehr Lokale mit ganz unterschiedlichen, qualitativ hochwertigen Landesküchen zu finden sind. Wenn es um gute arabische, italienische oder asiatische Lokale geht, steht Wien Metropolen wie Berlin kaum mehr nach.

Und die Wiener Küche? Spielt sie in Ihrer Küche noch eine wichtige Rolle?
Ja, auf jeden Fall. Wir haben keine klassischen Wiener Rezepte auf der Karte, bauen aber da und dort immer wieder Komponenten daraus ein. Das ist auch für unsere jungen Mitarbeiter sehr spannend. Wenn wir zum Beispiel ein Beuschel vom Wild kochen, das ja dem traditionellen Kalbsbeuschel sehr ähnlich ist, dann sind gerade die Jungen ganz vorne mit dabei. Und auch der Gast freut sich über die eine oder andere Hommage an Wien.

Und wie sieht es mit den neuesten Trends und Techniken aus?
Für mich ist es sehr spannend zu beobachten, was andere machen und wie sie es machen. Das ist unglaublich faszinierend und bringt einen ständig dazu, weiter zu lernen und weiter zu experimentieren. Manchmal habe ich dann das Gefühl, wieder ganz am Anfang zu stehen – oder zumindest mittendrin. Es gibt noch so vieles zu entdecken. Immer wieder. Das ist ja gerade das Großartige daran, Koch zu sein. Es wird nie langweilig!

 

Kaffeeblüten Crème Brulée mit Mandarinen-Granizado
(für 6 Personen)

6 Stk Mandarinen
90 ml Milch
45 ml Obers
0,5 TL Kaffeeblütentee
(bei Alt Wien Kaffee erhältlich)
37 g Zucker
3 Dotter
100 g Mascarpone
Zitronensaft, Zucker

 

Mandarine-offen

 

Milch, Obers, Tee und 17 g Zucker aufkochen und drei bis vier Tage gekühlt ziehen lassen. Dotter fest aufschlagen, dann 20 g Zucker und Mascarpone hinzufügen und weiterschlagen. Den Kaffeeblütenansatz abseihen, leicht erwärmen und mit der Dottermischung (mit dem Thermomix) mixen. Die Crème Brulée kühl stellen.
Die Mandarinen am oberen Drittel durchschneiden und den Boden aushöhlen. Es dürfen keine Löcher an der Schale entstehen. Der Kopf wird später gebraucht.
Das ausgehöhlte Fruchtfleisch entsaften. Je nach Geschmack mit Zitronensaft und Zucker verfeinern und anschließend einfrieren. Wenn die Crème Brulée ausgekühlt ist, den aufschwimmenden Schaum abschöpfen bis kein Luftbläschen mehr vorhanden ist.
Die ausgehöhlten Mandarinen in eine tiefe Form geben und bis 5 mm unter den Rand mit der Crème Brulée befüllen. Danach die Form mit Klarsichtfolie abdecken und bei 100°C ungefähr zwei bis drei Stunden garen. Wenn die Masse nur noch ganz leicht „wabbelt“, kann man die Form aus dem Ofen nehmen. Die Klarsichtfolie entfernen, in den Kühlschrank stellen und ca. 2 Stunden durchkühlen lassen.
Währenddessen den gefrorenen Mandarinensaft zu feinem Granizado zerstoßen.
Kurz vor dem Servieren die Crème Brulée mit Zucker bedecken, abflämmen und den Mandarinendeckel daraufsetzen. Ein bisschen Granizado in eine Schüssel geben, die Mandarine daraufsetzen und servieren. Vor dem Gast den Mandarinenkopf aufheben und ausdrücken.

 

Fotos:©Mraz&Sohn

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Kategorie: Gastronomie | F&B

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