Hausbier – Ja oder Nein?

3. September 2019 Mehr

Hausbier – Ja oder Nein?

Regional, handcrafted und möglichst selbstgemacht – diese Trends spiegeln sich auch in der österreichischen Brau-Landschaft wider. Das Hausbier ist in Mode.

Viele Gastronomiebetriebe und auch Hotels bieten mittlerweile ihr eigenes Bier an. Doch welche Vorteile kann sich ein Betrieb durch die eigene Biermarke erwarten und wo liegen die Schwierigkeiten? Wir sprachen mit DI Birgit Rieber, Beerkeeper, Bierjournalistin und Jurorin beim European Beer Star über die besonderen Herausforderungen und Möglichkeiten des hauseigenen Bierbrauens.

Die diplomierte Architektin wuchs auf der Schwäbischen Alb in Baden-Württemberg auf, wo die Eltern ein Gasthaus mit Brauerei betrieben, das 1990 nach Riebers Entwurf zum Hotelbetrieb mit Gasthausbrauerei umgebaut wurde. Ab 2006 braute Birgit Rieber selbst – erst an der Seite ihres Vaters, dann eigenverantwortlich – das Bier für Gasthaus und Hotel in der kleinen 100-Liter Sudanlage. Zusätzlich führte sie die Biervielfalt im heimischen Betrieb ein und gestaltete zahlreiche Bierevents.

Heute lebt Birgit Rieber in Wien. Sie schätzt die Qualität und auch die Vielfalt der österreichischen Biere. Handlungsbedarf sieht sie jedoch in der hiesigen Bierkultur. Gemeinsam mit dem „Biersepp“ Sepp Wejwar setzt sie sich daher für mehr Wissen rund um den Biergenuss ein und hält auch regelmäßig Kurse für Gastronomen und Bierliebhaber in Österreich und Deutschland.

 

 

Kann prinzipiell jeder Bier brauen?
Fakt ist: Bier ist schnell gebraut, denn prinzipiell ist Bierbrauen nicht schwierig. Schwierig wird es dann, wenn man ein wirklich gutes Bier brauen möchte.

Was ist hier die größte Herausforderung?
Um ein Bier etablieren zu können, sollte das Ergebnis bei jedem Brauvorgang nicht nur beste Qualität, sondern auch denselben Geschmack haben. Beim Wein sind wir daran gewöhnt, dass jeder Jahrgang ein wenig anders schmeckt. Wenn ein Bier derselben Sorte jedes Mal anders schmeckt, wird uns das der Konsument nicht verzeihen, auch nicht bei der Eigenmarke.

Wie erreicht man gleichbleibenden Geschmack?
Indem man einen Braumeister hinzuzieht. Er hat sein Handwerk gelernt. Ausbildung und Studium sind langwierig und intensiv. Das zeigt, dass wahre Braukunst schwerlich im Handumdrehen und Eigenstudium erlernbar ist.

Und was brauche ich an Hardware?
Für qualitativ hochwertiges Bier brauche ich auch eine hochwertige Anlage. Deshalb sollte man sich bereits im Vorfeld überlegen, ob diese Investition wirtschaftlich überhaupt Sinn macht.

Woher bekomme ich die Rohstoffe?
Alle Zutaten sind leicht zu bekommen. Wasser in Österreich hat durchwegs sehr gute Trinkqualität und – sofern es nicht beispielsweise zu kalkhaltig ist – auch sehr gute Brauqualität. Braugerste und Hopfen wachsen ebenfalls im Land. Und Hefe kann ich meist in kleinen Mengen auch direkt bei großen Brauereien beziehen. Alternativ ist natürlich auch das Brauen mit Trockenhefe möglich.

Welches sind die kleinstmöglichen Mengen, die mit einer Profi-Brauanlage hergestellt werden können?
Auch kleine Anlagen haben üblicherweise einen Output von etwa 2,5 hl pro Brauvorgang. Es gibt aber auch noch kleinere Anlagen.

 

 

Welche Alternativen habe ich, wenn ich mein eigenes Hausbier anbieten möchte?
Viele Hoteliers und Gastronomen entscheiden sich für eine Kooperation mit einer Brauerei. Dort wird dann das Hausbier im Auftrag des Kunden gebraut bzw. für diesen gebrandet.

Worauf sollte ich bei der Kooperation mit einer Brauerei achten?
Brauereien mit kleinen Brauanlagen sind in der Lage, ein eigens für meinen Betrieb kreiertes Bier zu brauen. In großen Sudkesseln entsteht, nach Adam Riese, viel Bier, mehr als ich brauche. Hier ist es üblich, dass ein Bier aus dem bestehenden Sortiment ausgewählt und dann zum Beispiel ungefiltert abgefüllt wird. So wird aus einem handelsüblichen Märzen mein persönliches Zwickl oder Kellerbier.

Was spricht dafür, selbst zu brauen?
Zum einen die Idee, etwas anbieten zu können, was sonst keiner hat. Zum anderen geht es aber auch um die Idee des Selbermachens. Wer selbst braut, kann auch selbst entscheiden, welchen Bierstil er braut, wie das Bier schmecken soll, woher er seine Zutaten bezieht.

Welche Biersorte würden Sie empfehlen?
Das ist natürlich Geschmackssache. Ich würde vielleicht nur vom Märzen abraten. Das Märzen ist mit Abstand das Lieblingsbier der Österreicher. Damit lässt sich das meiste Geld verdienen, auch von den großen Brauereien. Und Märzen gibt es in Österreich – gerade von den großen Brauereien – in einer derart perfektionierten Form, dass es aus meiner Sicht wenig Sinn macht, damit in Konkurrenz zu treten – in Bezug auf den Geschmack ebenso wie aus wirtschaftlicher Sicht.

Wozu würden Sie als Sommelière raten?
Als Sommelière liebe ich die Biervielfalt. Mit einer eigenen kleinen Anlage würde ich diese Vielfalt voll ausschöpfen und vielleicht im Sommer ein leichtes, hopfiges Bier brauen und im Herbst einmal ein Kürbisbier, einmal ein Kastanienbier und ein anderes Mal ein Rauchbier. Sofern diese Biere als saisonale Spezialitäten nur über einen begrenzten Zeitraum verfügbar sind, brauche ich mir auch keine Gedanken über eine über viele Jahre verlässliche Geschmacksnote zu machen.

Wann ist ein Bier perfekt?
Die österreichische Bierkultur lebt von der großen Vielfalt ebenso wie von der hohen Qualität. Damit der Biergenuss perfekt ist, wünsche ich mir mehr Wissen um die Vielfalt der Sorten und Aromen. Und vor allem wünsche ich mir noch mehr Bierpflege, das heißt besseres Wissen über den Umgang mit Fassbier und das richtige Zapfen. Aus diesem Grund bieten wir auch immer wieder Kurse an. Ein wirklich gutes Bier ist eben erst dann perfekt, wenn es auch richtig gut gezapft ist. Eine entsprechend gelebte Bierkultur – ja, das würde mir Freude machen!

www.beerkeeper.net

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Kategorie: Gastronomie | F&B

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