Fisch und Fleisch – die neue Beilage? Hanni Rützler im Gespräch

19. Juli 2017 Mehr

Im 2018 erneut herausgegebenen Food Report spricht Autorin und Food-Trend-Forscherin Hanni Rützler von einer kopernikanischen Wende in unserer Esskultur: „Wir werden nicht alle zu Vegetariern, aber wir haben erkannt, dass Fleisch nicht der Mittelpunkt eines guten ­Genussuniversums sein muss.“

 

 

Gemüse muss sich demnach nicht mehr nach der Hauptzutat Fisch oder Fleisch richten sondern spielt vermehrt die Hauptrolle auf dem Teller. Dabei gewinnen raffinierte Zubereitungsarten – ispiriert von den Esskulturen anderer Länder – zunehmend an Bedeutung. So erobert etwa die neue Levante-Küche– aus Israel, Syrien, Jordanien und dem Libanon – die heimische Gastronomie. Gleichzeitig steigt das Bewusstsein für die Wertigkeit der Produkte, sei es nun Fleisch, Fisch oder Pflanze.
Konsumenten wünschen sich möglichst gute, „natürliche“ Zutaten, also Produkte, die möglichst wenig verarbeitet wurden bzw. mit weniger Zusatz- und Hilfsstoffen auskommen. Transparenz bei der Herkunft wird immer mehr zum Anspruch. Gleichzeitig möchten mehr und mehr Genießer selbst erleben, wie Speisen entstehen. Auf das wachsende Interesse, Herstellung und Qualität auch sinnlich erfahren zu können, reagieren Produzenten und Küchenchefs mit vielfältigen Angeboten, die Begegnungen ermöglichen. Von der gläsernen Manufaktur bis hin zu Handwerks- und Kochkursen. Der Chef in Küche und (Wein-)Keller ist übrigens – laut Rützler – immer öfter auch eine Frau, was, so die Autorin, wohl insgesamt mit einer neuen Wertschätzung des „weiblichen Geschmacks“ einhergehen könnte.

 
Trend und Gegentrend

Die aufgezeigten Food-Trends sind, so die Herausgeber, keinesfalls als verbindliche Handlungsanweisungen zu verstehen, sie fungieren lediglich als „Frühwarnsysteme“ für die Food & Beverage-Branche, die Veränderungen signalisieren und damit Antworten auf zukünftige Herausforderungen provozieren. Zu beachten ist, dass besonders die starken, branchenunabhängigen Trends eine Vielzahl an „Gegentrends“ in den einzelnen Bereichen provozieren. So generierte etwa

die allgemeine Globalisierung in der Lebensmittelproduktion einen Trend zu Regionalem wie Local Food bzw. Brutal Lokal. Die Industrialisierung und Standardisierung stärkte die Slow-, Nature-, True-, Wild- und Artisan-Food-Trends. Und gegen die immer umfangreicher werdende Auswahl an Convenience richtet sich der DIY-Food-Trend.

 
Wenn Fleisch, dann richtig!
Als Gegentrend zur stetig wachsenden Zahl an Vegetariern kann beispielsweise auch eine neue Begeisterung für Fleisch beobachtet werden. Fleisch und Fleischprodukte werden heute bewusster gewählt, das Angebot an hochwertigen Produkten hat dabei zugenommen bzw. ist leichter zu finden. Auch die Produktionskette vom lebenden Tier zum schmackhaften Steak findet heute nicht mehr im Verborgenen statt. Der Fleischhauer tritt wieder ins Rampenlicht und das Thema Schlachtung wird wieder gesellschaftsfähig.

 
Wenn Gemüse, dann schmackhaft!
Gemüse ist zwar aus gesundheitlichen, ökologischen oder ethischen Gründen schon länger angesagt; solange sich bei der Pflanzenkost, so Rützler, „kein kulinarischer Mehrwert einstellen wollte, hielt sich die Begeisterung doch in Grenzen.“ Gerade die Sterneköche haben aber in den letzten Jahren gezeigt, welche Vielfalt an Texturen, Aromen und Farben Pflanzen bieten und mit welch unterschiedlichen Zubereitungsmöglichkeiten sie sich in exquisite Speisen verwandeln lassen.
Voraussetzungen für eine wirklich überzeugende fleischlose Küche sind laut Food-Report:

• eine Vielfalt an guten pflanzlichen
• Ausgangsprodukten
• ausreichendes Koch-Knowhow
• eine gehörige Portion Kreativität für
• verschiedene Zubereitungsarten und bei
• der Verwendung von Gewürzen
• Neugierde und Offenheit gegenüber
• anderen Esskulturen, die der unseren mit • schmackhaften Gemüsegerichten auf die • Sprünge helfen können
Inspiration: Levante
Die Levante-Küche entstand in einem Spannungsfeld israelischer und arabischer Einflüsse und ist geprägt von ihrem offenen, kreativen, ja geradezu verspielten Umgang mit Traditionen und Aromen unterschiedlicher Herkunft. Typisch ist auch eine neue Casual-Eating-Kultur, die sich nicht mehr der klassischen Menüstruktur unterwirft, sondern sich an der Vielfalt kleiner Speisen (Mezze) delektiert, die man gemeinsam genießt. Damit passt sie perfekt in die moderne, westliche Esskultur der kleinen Snacks zwischendurch und der Freude am Erleben neuer Geschmacksrichtungen, seien es fernöstlicher Gewürze oder bislang in der heimischen Küche noch wenig verankerter Hülsenfrüchte.

 

 

www.zukunftsinstitut.de

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Kategorie: Beverage, Gastronomie | F&B

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