Bartender aus Leidenschaft

22. April 2015 Mehr

 

Interview — Ben Koch ist seit Januar 2014 Barchef in Eberts Cocktailbar in der Wiener Gumpendorfer Straße. Dank Christian Ebert, der nicht nur als Inhaber besagter Bar sondern auch als Geschäftsführer der österreichischen Barkeeperschule fungiert, gibt der gelernte Hotelfachmann sein Wissen rund um die edlen Mixgetränke nun an Gäste und Gleichgesinnte in Wien weiter.

 

Ben Koch

 

Bartender als Berufung: Wie sind Sie selbst „auf den Geschmack“ gekommen?

Der erste, der mir zeigte wie man einen Cocktail macht, war mein Cousin. Ich war begeistert und entschied mich für eine Ausbildung in der Hotellerie/Gastronomie. Den Abschluss in der Tasche, zog es mich zu Moritz Niederstrasser in die Schweiz. Bei dem bekannten Bartender sammelte ich erste Erfahrungen in der gehobenen 5-Sterne-Hotellerie. Unter der Leitung von Krischan Knoll durfte ich mein Wissen danach in der JFK`s Bar in der Finanzmetropole „Mainhattan“ enorm erweitern. Einem kurzen Aufenthalt in England folgte die Zusammenarbeit mit Santo Pupillo in der Hansestadt Hamburg. Anschließend durfte ich Carolin Thompson als Head Bartender in der Atlantic Bar unterstützen, musste diese Position allerdings aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Nach Wien kam ich dank Bartender-Ikone Heinz Kaiser, war erst in der Loos Bar und The Sign Bar und bin nun bei Christian Ebert Barchef.

Wie gestaltet sich der Alltag? Ist der Barkeeper immer noch der klassische Seelendoktor für Nachtschwärmer oder wird an der Bar lieber verkostet, degustiert und „fachgesimpelt“?

Für mich macht Verkosten und Degustieren nur insofern Sinn, als es den Gast interessiert. Es ist schön, sein Wissen über die Produkte weiterzugeben und z. B. deren Herstellung zu erklären. Aber die meisten Gäste interessieren sich eher für ein gutes Gespräch und der Cocktail spielt nur eine Nebenrolle. Wichtig ist es, den Gästen bestmöglich mit Empfehlungen zu helfen um den passenden Cocktail für sie zu finden.

Welche Rolle spielt der Bartender Ihrer Beobachtung nach in der Gastronomie und Hotellerie? Wo sehen Sie noch Potenzial für Verbesserungen?

Nach meinen Erfahrungen ist es dem Großteil der gehobenen Hotellerie egal, ob eine Bar innovativ und am Puls der Zeit arbeitet, denn sie machen das hauptsächliche Geschäft mit den Übernachtungen. Es gibt einige wenige Beispiele, wo eine Hotelbar von kreativen und innovativen Barmanagern betreut wird und so die anspruchsvolleren Gäste glücklich macht. Wenn sich mehr Hotel- und F&B-Manager darauf einlassen und ihre verkrusteten Strukturen, was die Bar angeht, aufweichen lassen würden, wäre sicherlich in einigen Hotels Wachstumspotential in Bezug auf den Umsatz da. Diese Erfahrung habe ich selbst in der gehobenen Hotellerie sammeln dürfen, wo das Vertrauen vom Management da war.
Was die offene Gastronomie angeht, so kann man sich hier als Bartender meist sehr kreativ und innovativ ausleben. Es fällt auf, dass viele gute Barkeeper dem Hotel den Rücken kehren, weil man sich in der offenen Gastronomie freier entfalten kann.

Welche Getränke bzw. welche Geschmacksrichtungen liegen derzeit im Trend? Welche Rolle spielen Whisky und Gin?

Bei uns in der Eberts Cocktailbar fragen viele Gäste nach saisonalen und regionalen Geschmacksrichtungen. Letztens haben wir zum Beispiel einen Drink mit Zirbe und Quitte serviert, der sehr gut ankam.
Gin wird momentan sehr gehypt. Jede Woche kommen neue Produkte auf den Markt. Langsam aber sicher wird das zu viel! Verkaufsrenner ist aber immer noch Gin & Tonic.
Beim Whisky ist es so, dass momentan sehr wenig Single Malt getrunken wird, pur wie auch in Cocktails. Dafür boomt der amerikanische Whisky, vor allem RYE. Besonders in Cocktails haben wir hier einen sehr starken Zuwachs.

Welche Rolle spielen die unterschiedlichen Sorten? Worauf legen Sie Wert?

Bei uns in der Bar legen wir sehr viel Wert darauf, dass das Produkt in der Flasche überzeugt, weniger die Verpackung. Schön ist es, wenn dann noch das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. So macht es für mich beispielsweise keinen Sinn eine ungelagerte Spirituose wie Gin oder Vodka für 60 € oder mehr einzukaufen.
Ich empfehle immer, sich vor dem Kauf über das Produkt schlau zu machen. Sei es im Internet oder auf Tastings. Ich persönlich kaufe kein Produkt, das ich nicht vorher probiert habe. Schön ist es daher, wenn man einen Händler seines Vertrauens hat, der Flaschen zur Verkostung anbietet.

Letzten Herbst waren Sie im Team mit Patrick Frauenhoffer (Sous Chef, Eurest) unter den Finalisten der Cook&Shake Challenge 2014. Welches Potenzial hat das Mixgetränk als Speisebegleiter?

Ich sehe eher wenig Potenzial für das Mixgetränk als Speisebegleiter. Die meisten Gäste möchten gemütlich essen und entweder davor oder danach einen gepflegten Drink nehmen. Wo ich jedoch Potenzial sehe, ist im Foodpairing. Das heißt, ich nehme Speisen als Vorbild und versuche den Geschmack in flüssiger Form umzusetzen.

Bei den Mixology Awards 2015 sind Sie als „Newcomer des Jahres“ nominiert. Wie wichtig sind solche Awards – z. B. als Innovationstreiber und Inspirationsquelle für die Gastronomie – bzw. für die eigene berufliche Weiterentwicklung?
Es ist eine große Ehre für mich, von einem anerkannten Fachmagazin nominiert zu werden. Und es motiviert natürlich ungemein, seinen Job noch besser zu machen. Viel mehr liebe ich aber an meinem Beruf, wenn sich die Gäste von mir gut betreut und in der Bar wohl fühlen.

Vielen Dank für das Gespräch!

www.eberts.at

 

Interview: Heidrun Schwinger / Foto: Eberts Cocktailbar

Buchtipp: Heggis, Whisky & Co. (Mandelbaum Verlag)

 

 

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Kategorie: Beverage, Gastronomie | F&B

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