Alpenhotels – Lernen aus der Geschichte

25. März 2019 Mehr

Gebaut wird nicht erst seit gestern und viele vergessene Überlegungen von anno dazumal hätten heute noch großen Wert. Am Beispiel österreichischer Alpenhotels beweist dies eine aktuelle Publikation von Markus Gesierich.

 

Kaiser-Franz-Josef-haus

Kaiser Franz Josef Haus vor Pasterze, um 1920, Foto:©Archiv GROHAG*

 

Hotels in den Alpen gibt es bereits seit dem Mittelalter. Schon Kaiser Karl der Große veranlasste die Kirchen und Klöster zur Erbauung von Hospizen – nicht nur für die Verpflegung von Alten und Kranken, sondern auch entlang wichtiger Verkehrsverbindungen, wie etwa Gebirgspässen, wo sie dort zugleich die Funktion von Poststationen für Pferdewechsel übernahmen. Viele Hotelanlagen im Hochgebirge gehen auf derartige Hospize zurück. Visionäre Pläne für österreichische Alpenhotels gibt es seit der Zwischenkriegszeit.

 

1922 begannen die ersten Überlegungen einer Verkehrsverbindung über die Hohen Tauern. Im Zuge dessen erhielt der damalige Kärntner Landesbaurat Franz Wallack den Auftrag zur „Erstellung eines generellen Projektes“ für die spätere Großglockner Hochalpenstraße. Geplant wurden dabei auch „eine Hotelgruppe mit 800 Betten auf der Südseite der Straße am Kasereck, ein Hotel mit 200 Betten auf der Nordseite am Piffkar und eine Schutzhütte mit 50 Betten in der Scheitelstrecke bei der Fuscherlacke.“. Später kam ein vierter Bauplatz dazu und mit der Stichstraße zur Franz-Josefs-Höhe wurde ein weiterer, fünfter Bauplatz gewonnen.

 

Alpenhotels

 

Detaillierte Recherchen

Die Recherchen zu diesem Großprojekt waren beeindruckend. Wallack unternahm mehrere Studienreisen über die wichtigsten Schweizer, italienischen und französischen Alpenstraßen und -pässe und erarbeitete genaue Unterlagen über Straßenbeschaffenheit, Breite, Tunnels, Begrenzungen etc. und er legte auch umfangreiche Dossiers über Hotelbauten in den Alpen an. Von 1930 – 1935 wurde schließlich die Großglockner-Hochalpenstraße mit allen Nebenanlagen nach den Plänen Wallacks und unter seiner Bauleitung errichtet.

 

Franz-Wallack

Franz Wallack, um 1930, Foto:©Archiv GROHAG*

 

Zukunftsweisende Vorgaben

Seine Untersuchungen, Aufzeichnungen und Überlegungen erscheinen aus heutiger Sicht als Mustervorgaben einer der Nachhaltigkeit und Effizienz verpflichteten architektonischen Haltung. So sei etwa die Stromversorgung der Hotels aus einer Eigenanlage langen Freileitungsstrecken vorzuziehen, unter anderem auch um das Landschaftsbild nicht zu beeinträchtigen. Und auch die Hotelanlage selbst müsse möglichst an den Charakter der Landschaft angepasst sein. Mit wenigen Ausnahmen sollten alle Hotels an Alpenstraßen solide gebaute Steinbauten mit hölzernem Dachstuhl und feuersicher eingedeckt sein. Besonders in höchsten Lagen müssten Fenster gegen Sturm, Regen und Schnee mit Holz- oder Blechläden zu verschießen sein. Weiters heißt es: „Besonders Augenmerk ist bei allen Eingängen auf Windfänge gelegt und sind die Außentüren und Tore alle nach innen zu öffnen. Ebenso sind die Eingänge einen Meter (mindestens) über dem Terrain gelegen. Das für Fenster, Türen und Stöcke verwendete Holz wird mit großer Sorgfalt ausgewählt und nur langsam wachsendes Bergholz, möglichst aus der gleichen Gegend, in der das Hotel steht, verwendet. Deckenkonstruktionen sind meist aus Holz ausgeführt, nur sehr große Räume zeigen fallweise Eisenbetondecken. Das Mauerwerk ist mit glattem Verputz versehen, jeder unnötige Vorsprung und komplizierte Gesimse wird vermieden, um der Witterung möglichst wenig Angriffspunkte zu bieten. Für Keller sind keine Baugruben auszuheben, sondern Unebenheiten des Terrains zu verwenden.“

 

Grossglockner-Hauptstrasse

„Großglockner Hochalpenstraße, Dr. Franz Rehrl Haus am Fuschertörl 2428 m„, Ansichtskarte um 1950

Foto:©Archiv GROHAG*

 

Jedoch nie realisisert

Die neun projektierten und teils bis ins Detail ausgearbeiteten Hotels wurden aus unternehmerischen und wirtschaftlichen Gründen nie realisiert, denn es fehlten sowohl Geldgeber für den Bau als auch Interessenten für den Betrieb. Lediglich ein Hotel, das Franz-Josef-Haus von Architekt Heinz Rollig, wurde auf einem von Wallack vorgesehenen Bauplatz errichtet. Es war eine etappenweise Erneuerung und Erweiterung einer – zur Zeit der Eröffnung der Straße – bereits vorhandenen, 30 Jahre alten Schutzhütte. Der Bau wurde 1938 durch den Krieg unterbrochen und 1945 und 1948 fertiggestellt.

Sämtliche Fenster ab dem ersten Geschoss verfügten über die von Wallack geforderten Fensterläden. Das endgültig fertiggestellte Franz-Josef-Haus brannte jedoch am 21. September 1997 bis auf die Grundmauern ab. Heutige Besucher erleben eine historisierende Rekonstruktion der ursprünglichen Schutzhütte.

Auch wenn heute keines von Wallacks Hotelprojekten besucht werden kann, die Grundlage der 1925 von Wallack formulierten Parameter für Hotelbauten entlang der Großglockner Hochalpenstraße zeichnen sich noch heute durch erstaunliche Aktualität aus und sind im Lichte der stattfindenden Diskussionen über Klimawandel, Ökologie und Umweltschutz in mancher Hinsicht sogar visionär.

 

Alpenhotels-Pasterze-Grossglockner

Franz-Josef-Haus mit Blick auf den Großglockner und die Pasterze, Zustand nach der Erweiterung 1938, o.J

Foto:©Archiv GROHAG*

 

Text:©Peter Reischer

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Kategorie: Innovationen, Magazine

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