Kriminalität in der Hotellerie

12. Mai 2016 Mehr

Gelegenheit macht Diebe. Seit mehreren Jahren ist das Landeskriminalamt Wien mit der Wirtschaftskammer Wien, Fachgruppe Hotellerie vernetzt und im ständigen Kontakt. In regelmäßigem Erfahrungsaustausch werden aktuelle und signifikante Hotspots sofort gemeldet und ausgetauscht. Immer wieder finden Schulungen direkt in Hotels, aber auch gemeinsame Veranstaltungen zur Kriminalprävention statt. hotelstyle & gastro sprach mit Frau Ursula Ifkovits, Abteilungsinspektorin der Landespolizeidirektion Wien, Abteilung für Kriminalprävention über Einbruch, Diebstahl und Raub im Hotel:

Diebstahl_Hotellerie

Diebstahl, Einbruch, Raub in österreichischen Hotels – welche Delikte werden in der österreichischen Hotellerie hauptsächlich gemeldet?
Raub bedeutet, dass das Opfer unmittelbar bedroht wird. Zum Glück kommen Raub-überfälle in österreichischen Hotels ausgesprochen selten vor. In der Regel sind Hotels gegen derartige Vorfälle – bis zu einer bestimmt definierten Obergrenze – versichert.
Einbruch bedeutet, dass in der Regel Kraft angewendet werden muss, um in einen abgeschlossenen Raum einzudringen oder ein gesperrtes Behältnis aufzubrechen. Der Täter braucht Zeit und Werkzeug. Sachschäden bei Einbruch werden meist durch Versicherungen gedeckt.
Diebstahl ist hier das weitaus häufigste Delikt: Gäste sind oft sorglos und lassen ihr Handy, die Handtasche oder den Laptop vollkommen unbeaufsichtigt. Diebe nutzen solche Gelegenheiten – nicht nur in Hotels, sondern überall dort, wo sich viele Menschen aufhalten und Eigentum von Außenstehenden nicht eindeutig zugeordnet werden kann. Schuld wird von Betroffenen dann oft nicht nur beim Dieb selbst, sondern gerne auch beim Hotel bzw. bei den Mitarbeitern gesucht.

Wer ist hauptsächlich betroffen und wo?
Opfer eines Diebstahls sind meist die Gäste. Tatörtlichkeiten sind oft der Frühstücksraum, aber natürlich auch das Restaurant, die Bar, der Gastgarten und die Lobby.
Gibt es keine Hindernisse, werden auch Büros, Personal-Umkleideräumlichkeiten und Gästezimmer zum Tatort. Ein Schild mit der Aufschrift „ZUTRITT VERBOTEN – ZUTRITT NUR FÜR PERSONAL“ kann Einschleichdiebe bereits abschrecken. Abschließen ist natürlich noch besser.

Was wird gestohlen? Was eher nicht?
Gestohlen wird alles, was für die Täter augenscheinlich nützlich, leicht zu transportieren, keiner anderen Person zuzuordnen und schnell verwertbar ist.
Uninteressant sind Dokumente und Urkunden und werden vom Täter meist schnell entsorgt. So stiehlt er beispielsweise zwar die ganze Handtasche, durchsucht diese aber unmittelbar nach dem Verlassen des Tatortes und nimmt in der Regel nur das Bargeld an sich. Alles andere für ihn nicht Verwertbare wird entsorgt. Daher auch unsere Empfehlung: Nach der Verständigung der Polizei, im Hotel, insbesondere bei den Toiletten und in unmittelbarer Hotelumgebung, z.B. im Gebüsch, unter parkenden Fahrzeugen oder Mistkübeln nachschauen!

Wie verhält man sich im Fall eines Einbruchs?
Egal wo der Einbruch erfolgt, im Büro, den Umkleideräumlichkeiten oder im Gästezimmer, der Tatort muss sofort versperrt und darf nicht mehr betreten werden. Die Polizei über 133 verständigen, und – sollte man den Verdacht haben, dass der eine oder andere Täter noch im Hotel ist – unbedingt diesen Verdacht mitteilen. Eine möglichst genaue Personenbeschreibung, Beobachtungen von Fluchtrichtung, Angaben zum Fluchtfahrzeug oder andere Wahrnehmungen sind ebenfalls wichtig. Es dürfen keine Veränderungen am Tatort vorgenommen werden, da etwaige Täterspuren sonst vernichtet werden. Die Freigabe des Tatortes erfolgt durch die Polizei.

Wie verhält man sich bei einem
Raubüberfall?
Raub und Überfall sind im Bereich der Hotellerie zum Glück äußerst selten und es soll auch so bleiben. Trotzdem ist es sinnvoll, wenn sich Mitarbeiter diesbezüglich Gedanken machen. Durch Einhaltung gewisser Verhaltensregeln können Gefahrenmomente generell reduziert werden. Raub ist zwar das schwerste Delikt, doch auch hier geht es dem Täter meist nur um Bereicherung:
Bewahren Sie Ruhe und gehen Sie kein unnötiges Risiko ein!
Der Schutz von Leben und Gesundheit ist wichtiger als materielle Werte! Sachwerte sind ersetzbar, Leben und Gesundheit nicht!
Sollten Sie während des Überfalls nicht unmittelbar bedroht sein, lösen Sie – sofern vorhanden und örtlich möglich – stillen Alarm aus.
Prägen Sie sich wesentliche Tätermerkmale wie Bekleidung, Alter, Größe, Haarfarbe und Sprache sowie den Tatablauf ein!
Informieren Sie nach der Tat sofort die Polizei und sperren Sie den Tatort wegen der Spurensicherung!

Welche Maßnahmen empfehlen Sie präventiv?
Schützen Sie die Kasse bzw. Geldlade gegen Einblicke durch fremde Personen. Keine Geldzählung vor fremden Personen! Und führen Sie auch die Abrechnung nur in verschlossenen und von außen nicht einsehbaren Räumen durch!
Geben Sie keine Auskunft über Geldbewegungen an fremde Personen!
Halten Sie den Bargeldbestand durch temporäre Abschöpfung so niedrig wie möglich! Sollte es tatsächlich zu einem Überfall kommen, dann soll der Erfolg des Täters gering sein. Kann er aber eine attraktive Summe erbeuten, ist der Wiederholungsgedanke vorprogrammiert.

Was empfehlen Sie sicherheitstechnisch bei der Planung des Hauses?
In erster Linie sollten neben dem Architekten und Planer Fachfirmen der verschiedenen Sicherheitssparten an einen runden Tisch geholt werden, damit Erscheinungsbild und Sicherheitskonzept aufeinander abgestimmt werden können. Auch deren mechanische, elektronische oder mecha-tronische Umsetzungsmöglichkeiten müssen geprüft werden, da diese unter Umständen in Konkurrenz stehen.

Worauf sollte man bei Grundriss und Funktionsbereichen achten?
Je mehr Eintrittsmöglichkeiten bestehen, desto mehr Fluchtmöglichkeiten und auch Bewegungsfreiheit und Anonymität gibt es für potenzielle Täter. Deshalb sollte die Rezeption nach Möglichkeit so ausgerichtet sein, dass jede Person, egal über welchen Eingang sie das Hotel betritt, diese passieren muss.
Darüber hinaus sollte man freie und uneingeschränkte Sicht auf die Lifte, Zugangsstiegen und Lobby haben. Sichteinschränkungen durch Säulen, Mauern, Blumen, Vitrinen etc. sollten nach Möglichkeit verhindert bzw. anders positioniert werden. Es gilt das Motto: „Sehe ich dich nicht, siehst du mich auch nicht“.

Ein Tipp zur Geldaufbewahrung.
Vor der Anschaffung von Tresoren oder Safes sollten die Anforderungen mit der jeweiligen Versicherungsanstalt hinsichtlich etwaiger geforderter Zertifizierungsnormen und Höhe der Versicherungssumme abgeklärt werden.

Worauf muss man bei Zutrittskontrollen achten?
Die Anforderungen hängen ganz vom jeweiligen Haus ab. Oft ist die Steuerung der Liftanlagen nur mit Zimmerkarte oder der Zutritt zu bestimmten Korridoren nur mit Berechtigungskarten sinnvoll. Diesbezüglich müssen aber auch immer die Brandschutzbestimmungen berücksichtigt und eingehalten werden!

Was empfehlen Sie in Bezug auf Videoüberwachung?
Überwachungskameras mit digitaler Aufzeichnung dürfen nur nach Genehmigung durch die Datenschutzbehörde (nähere Informationen unter www.dsb.gv.at) in Betrieb gesetzt werden und sollten zumindest alle Zugangsmöglichkeiten sowie auch den Bereich der Rezeption und eben jene Örtlichkeiten, wo primär bereits vor Ort strafbare Handlungen passiert sind, abdecken.

Wie können Hoteliers ihre Mitarbeiter bestmöglich schulen?
Jeder Mitarbeiter muss die internen Vorschriften, den Notfall- und Alarmierungsplan kennen. Darüber hinaus Kenntnis über sicherheitstechnische Ausstattungen und auch deren Bedienung an seinem Arbeitsplatz haben. Interne Schulungen brauchen neue Mitarbeiter, aber auch bereits Eingeschulte, im Falle von Änderungen und Evaluierungen interner Arbeitsprozesse:
Gibt es zum Beispiel einen Überfalltaster, sollte er nicht nur wissen, wo dieser ist, sondern auch, ob eine Direktleitung zur Polizei besteht oder zu einem Sicherheitsunternehmen und wie dieses heißt!
Sollte auch ein Geldprüfgerät vorhanden sein, sollte er wissen, welche Sicherheitsmerkmale das Gerät überprüft und wie man es wartet, da es diesbezüglich viele verschiedene Geräte am Markt gibt.
Oft gibt es für Erste Hilfe Maßnahmen Defibrillatoren. Jeder Mitarbeiter sollte wissen, wo diese sind und wie man sie bedient.

Wo sehen Sie derzeit den größten Handlungsbedarf?
Ich sehe die Hotellerie betreffend Sicherheit – ich kann aufgrund meines örtlichen Wirkungsbereiches nur für Wien sprechen – sehr gut aufgestellt, sowohl hinsichtlich sicherheitstechnischer Ausstattungen als auch im Bereich der Sensibilisierung der Mitarbeiter durch temporäre Schulungen.
Die größte Herausforderung sehe ich in der Bewusstseinsbildung hinsichtlich Eigenverantwortung durch den einzelnen Besucher und Gast. Leider gibt es Personen, die keinen Respekt vor fremdem Eigentum besitzen. Deshalb liegt es auch an uns selbst, diesen Dieben einfach keine Gelegenheit zu bieten und die Kontrolle über unsere mitgeführten Gegenstände nicht außer Acht zu lassen.

Wo können sich Interessierte weiter informieren?
Jede Landespolizeidirektion verfügt über eine eigene Kriminalprävention. Interessierte können sich direkt dort, bei der zuständigen Wirtschaftskammer, bei der nächsten Polizeiinspektion oder auch über die Homepage www.bmi.gv.at informieren.

Fotos: ©Fotolia

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Kategorie: Branchentipps

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