Umgestaltung Kalandahaus, Weingut Esterhazy

13. April 2016 Mehr

Vom Gesindehaus zum Festsaal. In einer Art Dornröschenschlaf zwischen landwirtschaftlicher Nutzung und Verfall dämmerte der historische Meierhof Trausdorf vor den Toren Eisenstadts noch bis vor kurzem vor sich hin. 2012 schrieb die Stiftung Esterházy einen Wettbewerb für die Umgestaltung des Gebäudeensembles aus, den das Büro AllesWirdGut (AWG) für sich entscheiden konnte. 2015 wurde nun das ehemalige Gesindehaus als erste Etappe der Revitalisierung in Angriff genommen und gemeinsam von AWG und Mobimenti zu einem Festsaal für das benachbarte Weingut umgebaut.

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Die Einfachheit der markanten burgenländischen Gebäudetypologie, und das freigelegte Natursteinmauerwerk des 250 Jahre alten Kalandahauses in Kombination mit Elementen aus Holz und Glas, verleihen dem Gutshof den besonderen Charme eines modern interpretierten burgenländischen Landhauses. Für bis zu 200 Personen werden hier nun Weinverkostungen, Präsentationen, kulturelle Veranstaltungen und Feiern möglich.

Im Inneren wurde das ehemals in Kleinwohnungen unterteilte Gebäude komplett entkernt. Anthrazitfarbene Holzkörper definieren den offenen Raum und schaffen Platz für die nötigen dienenden Funktionen wie Garderobe, Küche und WC. Weiß und Schwarz-Töne ergänzen die vorgefundene Palette an Naturfarben vom Ocker des Kalksteins über das Rot der Ziegelausmauerungen bis zum Dunkelbraun des historischen Dachtragwerks und machen von außen auf die neue Nutzung aufmerksam. Entstanden ist eine spannungsvolle Collage aus bestehenden und neuen Materialien, die einen anregenden und behaglichen Rahmen für Events aller Art bietet.

Mit dem Veranstaltungsraum wurde jetzt der erste der vier Nutzungsabschnitte umgesetzt. Der Wettbewerb war für das Gesamtprojekt ausgeschrieben. Besonders überzeugt hat die Jury dabei die von AWG vorgeschlagene Weiterentwicklung der Innen- und Außengestaltung des rechts vom Kalandahaus befindlichen Heurigen und die Verbindung von dessen Gastraum mit der vorgelagerten Terrasse und dem Innenhof. Das Gebäude links soll in weiterer Folge für Wein-Appartements zur Verfügung stehen und in das Haus gegenüber soll schließlich die nun deutlich schlankere Verwaltung der Esterhazyschen Güter übersiedeln. Dabei wurde im Entwurf von AWG die Besonderheit jedes einzelnen Gebäudes individuell herausgearbeitet und in Szene gesetzt. Darauf, ob und wie das gesamte Ensemble künftig gestaltet und genutzt wird, darf man also gespannt sein.

Im Gespräch
DI. Christian Waldner von AllesWirdGut

DI. Christian Waldner von AllesWirdGut sprach mit hotelstyle & gastro über den planerischen Ansatz, die klimatischen Herausforderungen und die gestalterischen Highlights in Hinblick auf die Nutzung des Hauses als Event- und Seminarlocation.

Auf den ersten Blick wirkt der neue Veranstaltungsbau wie ein typisches, burgenländisches Landhaus. Was ist nun Bestand, was wurde verändert?
Die Kubatur der einzelnen Bauteile und auch die historische, regionaltypische Anmutung in der Außenansicht konnten erhalten bleiben. Trotzdem blieb – bis eben auf die Außenwände – kaum ein Stein auf dem anderen. Das Dach wurde beispielsweise komplett abgetragen, gedämmt und neu gedeckt. Die Dachkonstruktion haben wir aber soweit als möglich im Original erhalten und freigelegt.

Die Fenster- und Türöffnungen sind relativ klein. Ist das heute noch zeitgemäß?
Die kleinen Türöffnungen mussten teilweise natürlich durch breitere Eingänge ergänzt werden, um den Besuchern bei größeren Veranstaltungen barrierefreie und sicherheitstechnisch adäquate Zugänge zu bieten. Wir haben diese Eingänge mit Glastüren ausgeführt und zusätzlich mit doppelflügeligen Holztüren in Referenz an die Scheunentore des Bestandes versehen. Dadurch wirkt das Haus abseits der Veranstaltungen nach wie vor sehr originalgetreu. Die zahlreichen kleinen Fenster und Türen sind aber nicht nur charmant auch klimatechnisch von Vorteil.

Inwiefern?
Wir rechnen gerade in der warmen Jahreszeit mit einer hohen Besucherfrequenz. Dann sind die bis zu eineinhalb Meter dicken Steinmauern ein optimaler Schutz vor der Hitze draußen. Für ein angenehmes Raumklima und ausreichend frische Luft bieten die kleinen Fenster gemeinsam mit neuen Fensteröffnungen an den Dachfirsten die optimale Kombination für eine mechanische Klimatisierung.

Der Innenraum ist laut Bauherr für Veranstaltungen unterschiedlicher Größe adaptierbar. Wie lässt sich die große Fläche bei kleineren Veranstaltungen optimal nutzen?
Ganz gleich, für wie viele Personen gebucht wird, zunächst betritt der Gast das Haus über ein separates Foyer, das auch zum Weinshop und seitlich zu den WCs führt. Der große Veranstaltungsraum kann mit Tischen für bis zu 150 Personen bestückt werden. Je nach Veranstaltungsart und -größe können dann einzelne Abschnitte separiert und bei Bedarf später dazugeschaltet werden, wie etwa Tanzflächen oder der Bühnenbereich. Als flexible Raumteiler fungieren anthrazitfarbene Vorhänge, die entlang der Außenwände „geparkt“ sind und bei Bedarf über Schienen beliebig weit in den Raum gezogen werden können.

Konzert, Bankett oder Seminar – wie lässt sich der Raum an die unterschiedlichen Anforderungen anpassen?
Für ein Konzert sind alle notwendigen Anschlüsse vorinstalliert. Die Bühne selbst, Lautsprecher oder eine spezielle Lichtshow werden vom Veranstalter gestellt. Für die jeweilige Nutzung brauche ich natürlich auch ganz unterschiedliche Lichtstimmungen. Strahler im Dachfirst sorgen für eine Ausleuchtung des gesamten Raumes. Kreisrunde Keramikleuchten direkt unterhalb des Deckengebälks ermöglichen eine zusätzliche horizontale Ausleuchtung der Tische und fungieren zudem als wesentliche gestalterische Elemente. Je nach Bedarf kann die Lichtsituation verändert werden. Beide Lichtthemen sind also selbstverständlich dimmbar, von der kompletten Ausleuchtung – etwa bei Seminaren – bis zur reduzierten, atmosphärischen Lichtstimmung bei geselligen Anlässen.

Kalandahaus,
Meierhof Trausdorf

Adresse: Weingut Esterhazy, Trausdorf 1,
7061 Trausdorf an der Wulka / A

Auftraggeber: Esterházy Wien GmbH

Wettbewerb: Jänner 2012

Planung: AllesWirdGut

Innenarchitektur: MOBIMENTI

NGF: 454 m²

BGF: 551 m²

BRI: 30150 m³

Baubeginn: 05.2015

Fertigstellung: 10.2015

Bauwerkskosten: 980.441

Text: Heidrun Schwinger
Fotos: ©AllesWirdGut / Guilherme Silva Da Rosa

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Kategorie: Innovationen

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