Fenster in die Vergangenheit – Weisses Kreuz

29. Dezember 2017 Mehr

Mitten im historischen Ortskern von Burgeis beherbergt Familie Theiner ihre Urlaubsgäste in drei unterschiedlichen Gebäuden. Gemeinsam bilden diese das Vier-Sterne Romantik Hotel Weisses Kreuz. Das „Stammhaus“ ist seit 1871 in Familienbesitz. 2013 konnte mit Hilfe des Architektenduos Marx/Ladurner der „Neubau“ in unmittelbarer Nachbarschaft errichtet und der ebenfalls in Familienbesitz befindliche „Ansitz zum Löwen“, ein knapp achthundert Jahre altes, denkmalgeschütztes Haus, für den modernen Hotelbetrieb adaptiert werden. Die gelungene Symbiose von Alt und Neu war Hauptaugenmerk der Investitionen – auch in den Folgejahren, wie jüngst bei dem neuen Weinkeller und drei Suiten, die 2017 fertiggestellt wurden.

 

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Das Stammhaus des Hotels ist seit 1871 im Besitz der Familie Theiner und wird mittlerweile in der sechsten Generation von dieser geführt. Auf Grund der Lage mitten im Ortszentrum waren Umbaumöglichkeiten lange Zeit nur sehr begrenzt möglich. 2012 gab es dann endlich die Möglichkeit, das angrenzende Bauernhaus zu kaufen. Der gesamte Hof wurde abtragen und außerhalb des Dorfes neu aufgebaut. An der freien Fläche entstand dann der lang ersehnte Hotelzubau. Zeitgleich wurde auch die bereits dringend notwendige Renovierung des bereits 1970 von der Hoteliersfamilie erworbenen und seither ungenutzten „Ansitz zum Löwen“ in Angriff genommen.
Der hintere Teil des Zubaus wird als Treppenhaus genutzt. Im vorderen Teil sind – im Dachgeschoss und in den unteren beiden Etagen – insgesamt acht Suiten untergebracht, alle mit südlicher Ausrichtung und herrlichem Panoramablick. Im Erdgeschoss befinden sich ein großer Panorama-Ruheraum, eine Spa-Terrasse und ein Whirlpool, im Untergeschoss der Saunabereich und der Zugang zum Garten.
Eine besondere Herausforderung bestand in der Adaptierung des historischen Bauwerks. Dieses war zu Baubeginn in denkbar schlechtem Zustand, zum Teil sogar einsturzgefährdet und somit nicht begehbar. Mit viel Glas, Beton in einem wohldosierten Umfang und grobem, erdfarbenem Putz wurde der historische Bestand wieder nutzbar – ohne ihm seine Wirkung zu nehmen. „Die neu eingesetzten Architekturelemente sollten so gewählt werden, dass sie in einer zurückhaltenden Weise die bestehenden Elemente hervorheben und unterstreichen, ohne sich laut hervorzutun“, erklärt Architekt Stefan Marx den planerischen Zugang.
„Architektur in Südtirol ist immer ein Dalassen, Weglassen und Zulassen“, ergänzt Architektin Elke Ladurner: „Das heißt, auf Bestand aufbauen, ohne ihn zu zerstören, aber auch ohne sich zu verstecken. Die Herausforderung im Ansitz zum Löwen war, den historischen Bestand zu erhalten und an die Anforderungen eines modernen Hotels anzupassen.“
Altes wurde soweit wie möglich erhalten. Gleichzeitig sollte aber auch das Neue seinen Platz haben, ohne deshalb „auf alt machen“ zu müssen. Beim Interieur konnten zwar viele Details erhalten und entsprechend in Szene gesetzt werden, für das Mobiliar wurden aber bewusst moderne und designbewusste Stücke ausgewählt, die zugleich mit dem Bestand harmonieren sollten. Auch das Treppenhaus zeigt sich bewusst modern – in Sichtbeton und frei stehend in das alte Gemäuer eingesetzt, jedoch mit dem nötigen Respektabstand.

„Schon die Lage in dem alten, romanischen Dorf mit seinen gewachsenen engen Gassen ist etwas Besonderes. Die Architektur drängt sich hier nicht auf, sondern fügt sich wie selbstverständlich in die gewachsene Struktur des Ortes ein“, betont Stefan Marx. Mit seiner Aufteilung auf drei Häuser und den zahlreichen Um- und Zubauten in den vergangenen Jahrzehnten präsentiert sich das gesamte Hotel daher relativ kleinteilig und verwinkelt. Dadurch hat der Gast – trotz der Größe mit insgesamt 46 Zimmern und Suiten – nie das Gefühl, sich in einem großen Hotelkomplex aufzuhalten. Hinzu kommt die abwechslungsreiche Historie der einzelnen Bauteile. Jede Stube „entspringt einer anderen Epoche“, so Elke Ladurner, und ist teilweise „von einer Qualität, die sonst nur in Schlössern vorkommt“. In dem über die Jahrhunderte gewachsenen Bauensemble haben Bauern und Fürsten, geistliche und weltliche Reisende ihre Spuren hinterlassen. Heute können Gäste deshalb im fürstlichen Renaissancezimmer unter einer jahrhundertealten, kunstvoll geschnitzten Holzdecke residieren, oder etwa in der gotischen Bauernstube mit angrenzender Selchkuchl als moderner Wohlfühloase entspannen.

Die Inneneinrichtung selbst ist von der typischen, südtiroler Zurückhaltung geprägt. Hochwertige Materialen, ausgewählte Farben, dezente Möbel und die richtige Beleuchtung reichen aus, damit sich Gäste hier wohl fühlen. Kein Muster-, Material- oder Farbenmix stört die Harmonie. Die Zimmer sind komplett in Eiche gehalten, kombiniert mit dezenten grünen Kissen und einer fast punktuell eingesetzten Tapete. Der Balkon aus Glas sorgt für optimale Sicht. Auch in der Lobby und Bar ist der Boden aus Eiche gefertigt. Als kleine Farbtupfer fungieren die verschiedenen Sofas und Sessel. Die Rückwand ziert ein offener Kamin, verkleidet in schwarzem Metall – im Restaurant sind Beschilderung und Kerzenständer aus dem gleichen Material gefertigt.

Seit 2017 können Gäste auch in der ältesten Suite des Hauses wohnen. In der gotischen „Pfistersuite“ im historischen „Ansitz zum Löwen“ schläft man unter einer Holzvertäfelung mit über 800 Jahren Geschichte. Die dicken Mauern und kleinen Schlitzfenster im Badezimmer dienen ebenfalls als Fenster in die Vergangenheit, während man in der stylischen Badewanne oder im zu der Suite gehörenden Dampfbad ganz zeitgemäß entspannen kann. Die ebenfalls seit 2017 buchbare Juniorsuite „Pluna“ präsentiert sich im Vergleich dazu dezent und unaufdringlich in schlichten Farben und geräuchertem Holz. Wohnliche Farbakzente bringen Kissen, Decken und gemütliche Sessel. Beeindruckend ist hier nicht nur der Panoramablick, etwa vom Balkon aus, sondern auch das an fürstliche Gemächer erinnernde, jedoch schlicht und modern interpretierte Himmelbett, welches ebenfalls mit Blick auf die Berge positioniert ist.
Modern stylisches Ambiente erwartet Gäste schließlich in der neuen Designsuite „Marun“. Sie bietet zeitgemäßes Wohnen fernab vom typischen Hotelzimmercharakter, eine großzügige, freistehende Badewanne und einen Balkon Richtung Süden mit perfekter Fernsicht. Geradezu futuristisch mutet schließlich der im Juni 2017 fertiggestellte Weinkeller an. „Der ganze Raum ist eine Maßanfertigung – von der blauen Rückwand bis zu den dreidimensionalen Regalen und dem großen Verkostungstisch. Eine handwerkliche Meisterleistung“, schwärmt Bauherrin Mara Theiner und bezeichnet ihn in seiner Symbiose aus historischem Vorbild und moderner Neuinterpretation als das „Vorzeigeexemplar für unsere Innovationen und die maßgeschneiderte Architektur unseres Hauses.“

 

 

Romantik Hotel Weisses Kreuz

Adresse: Burgeis 82 / 39024 Mals / Italien
Bauherr: Familie Theiner
Planer: Architekten Marx/Ladurner

Grundstücksfläche: 3.000 m²
Bebaute Fläche: 2.500 m²
Nutzfläche: 7.500 m²
Planungsbeginn: 2012
Bauzeit: 5 Monate

Fertigstellung: Umbau: Juli 2013
Suiten und Weinkeller: Juni 2017

Fotos: ©Daniel Zangerl

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Kategorie: Innovationen

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