Feines Eck – Sacher Eck Wien

17. April 2018 Mehr

Vis à vis der Wiener Staatsoper, mit Blick auf die berühmte Kärntnerstraße, werden in dem nun völlig neu gestalteten Sacher Eck Wiener Kaffeehaustradition und die berühmte Schokoladentorte überraschend stimmig in Szene gesetzt. Das feinste Eck von Wien umfasst nun zwei Etagen im unverkennbaren Sacher-Stil. Edler Marmor in Schwarz und Weiß kombiniert mit rotem Plüsch bildet den passenden Rahmen für den Genuss der hauseigenen Köstlichkeiten.

 

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Das neue Sacher Eck lädt seine Gäste auf eine charmante Zeitreise ein – bis zurück zur Gründung des Sacher im Jahr 1832. Über Fotografien und historische Gemälde wird der Gast entlang einer sieben Meter hohen Sacher-Galerie am Weg vom Erdgeschoss ins Mezzanin begleitet, zu einem „roten Salon“ und den beiden Séparées „Anna Sacher“ und „Franz Sacher“, die den perfekten Rahmen für kleinere Feiern und Meetings bilden. Das behutsame, stringent an die große Tradition des Hauses anknüpfende Refurbishment wurde von den Eigentümerfamilien Winkler und Gürtler gemeinsam mit BWM Architekten erarbeitet und orientiert sich bewusst an imperialen Wiener Interieurs, den klassischen Sacher-Farbtönen Bordeauxrot, Gold und Schwarz und edlen Materialien wie Samt, Messing, dunkles Holz und schwarzer und weißer Marmor.

 

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Wesentlichste bauliche Veränderungen sind wohl die räumliche Erweiterung von Café und Confiserie, die wie bei einem Comptoir nun fließend ineinander übergehen sowie der Durchbruch zum Mezzanin, der durch einen monumentalen zweigeschossigen Luster der renommierten Wiener Lichtdesignerin Megumi Ito in Szene gesetzt wird. Interieur- und Auslagendesign werden zudem durch abwechslungsreiche Details und unter Einsatz zeitgemäßer Medien strukturiert. Mehrere Displays erzählen – ein Ergebnis der Zusammenarbeit mit den Experten des Ars Electronica Center in Linz – die „bewegte“ Geschichte der Original Sachertorte, die bis heute zur Gänze sorgfältig von Hand gefertigt wird. Auf diese Tradition der Torten-Manufaktur verweist auch der in Messing gefasste Marmor, der die große visuelle Klammer zwischen Confiserie-Küche, Sacher-Shop und typischer Wiener Kaffeehausatmosphäre bildet. Während also im Shop weißer Marmor dominiert, kommt im Café-Bereich schwarzer Marmor zum Einsatz. Gemeinsam mit der Möblierung in rotem Samt verleiht er dem Raum hier eine warme und intime Atmosphäre. Der rautenförmig kassettierte Marmorboden in Schwarz-Weiß und die darauf abgestimmte, ebenfalls kassettierte Holzdecke verbinden die beiden Raumbereiche zu einem stimmigen Gegensatzpaar.

 

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Schwarz, Weiß und Rot

Über eine geschwungene Eichenholztreppe mit rotem Läufer entlang einer ebenfalls mit rotem Samt bespannten Bilderwand erreicht man das Mezzanin. Roter Samt, rote Tapisserie und eine rote Decke verdichten sich hier im Zusammenspiel mit Messing, dunklem Eichen-Parkettboden und dem großen Luster. Wir sprachen mit Architekt Erich Bernard über den markanten Rotton und das neue Designkonzept des Sacher Eck.

 

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Schwarz, Weiß und Rot – sind das die zentralen Farben?
Farben und Materialien sind radikal auf wenige Elemente beschränkt. Insgesamt arbeiten wir in der Confiserie und im Café mit vier beziehungsweise fünf Elementen. Neben Samt im Sacher-Rot sind dies vor allem Eichenholz, Messing und schwarzer beziehungsweise weißer Marmor.

Welche Überlegungen gab es bei der Wahl des passenden Rottons?
Wir wollten für den Samt ein typisches Sacher-Rot haben. Es war uns sehr wichtig, einen Farbton zu finden, der exakt zur Geschichte des Hauses passt, ausreichend Tiefe besitzt und nicht zu viele Grauanteile. Er sollte noch Feuer haben, dabei aber gleichzeitig auch satt sein.

Stehen alle Materialien in Bezug zur Historie des Hauses?
Ja, auf jeden Fall. Die Eigentümerfamilien des Hotel Sacher, Winkler und Gürtler sind ja – nicht nur durch die berühmte Sachertorte – eng mit der Geschichte der Stadt verbunden. Typisch für Wien, wie auch für die lange Geschichte des Sacher sind daher auch die gewählten Materialien. Im Obergeschoss sind es dann vor allem die Dekorationsstücke und Bilder, großteils aus dem Fundus des Hauses, die Holz als wesentliches Element der Gestaltung zur Geltung bringen.

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Erich Bernard

Wie wichtig war das Bewahren der traditionsreichen Geschichte?
Es ging uns weniger um ein Bewahren als um ein Weitererzählen der Geschichte. Das neue Sacher Eck knüpft sehr eng an die Geschichte des Sacher an, führt sie aber auch fort. Wir wollten kein historisches Ambiente nachstellen, sondern vielmehr an die besondere Atmosphäre des Hauses anschließen und diese lebendig halten.

Inwieweit gab es Zugeständnisse an zeitgemäße Anforderungen?
Die Berücksichtigung dieser Anforderungen spielte natürlich mehrfach eine Rolle. Ein wesentlicher Faktor war der tägliche Kundenverkehr im Verkaufsbereich. Früher war der Raum von einem langen Tresen mit viel Raum für das Personal und weniger Raum für wartende Kunden geprägt. Jede Bestellung musste – oft nach ausführlicher Beratung – von einem Mitarbeiter übergeben werden. Lange Wartezeiten und regelrechte Staus waren an der Tagesordnung. Jetzt haben Kunden auch die Möglichkeit, das gewünschte Produkt direkt aus dem Regal zu nehmen und ohne lästige Wartezeiten zur Kassa zu gehen. Die Mitarbeiterzahl ist gleich geblieben. Nur haben die Verkäufer nun mehr Zeit für die persönliche Beratung auf Wunsch.

Inwieweit hat die neue Raumaufteilung das Design beeinflusst?
Wir haben aus einem konventionellen Geschäft mit Bedienung einen Hybrid aus Verkauf und offenem Lager gestaltet, inspiriert von einem traditionellen Comptoir, jedoch durchaus emotionalisiert und mit einladendem Ambiente. Der Übergang zum Café ist fließend. Die Materialien sind ebenso hochwertig und der weiche Samt aus dem Café verleiht dem Verkaufsraum zusätzliche Wärme. Centerpiece des Comptoirs sind aber zwei zylindrisch gestaltete Regale, wobei sich über dem einen die Decke zum oberen Geschoss öffnet. Und durch die kreisrunde Deckenöffnung hängt ein eigens für Sacher entworfener, riesiger Luster der in Wien lebenden Designerin Megumi Ito.

Woran hat sich die Designerin bei diesem Luster orientiert?
Der Luster ist von den ersten elektrischen Kronleuchtern inspiriert, die Lobmeyer einst für das Sacher entwickelte und die heute noch im Haus erhalten sind. Im Gegensatz zu den damals noch üblichen Kerzenleuchtern ist das Fehlen der senkrecht nach oben geschwungenen Kerzenhalter charakteristisch. Die Kreisform kommt dadurch noch mehr zur Geltung. Auch der Luster von Megumi Ito besteht aus einzelnen Kreisen unterschiedlichen Durchmessers. Die Beleuchtung erfolgt ausschließlich durch LEDs. Gleichzeitig wirkt das gesamte Lichtobjekt fast antik. Diese Übersetzung historischer Gestaltungselemente in einen modernen Kontext ist eine der Besonderheiten von Megumi Ito.

Was erwartet den Gast im Obergeschoss?
Hier befindet sich das neue Mezzanin mit einem Kaffeehaus, in dem natürlich auch gegessen werden kann. Der L-förmige Raum wurde früher für Seminare genutzt. Sämtliche Fenster waren dazu hinter dicken Vorhängen versteckt worden. Wir haben nun die Fensteröffnungen neu inszeniert, die jeweiligen Nischen als Sitznischen ausgeführt und so nicht nur sehr beliebte zusätzliche Sitzplätze für die Gäste geschaffen, sondern insgesamt mehr Licht und Atmosphäre in den Raum bringen können. Materialität und Farbgebung aus dem Café im Erdgeschoss werden hier konsequent fortgesetzt.

Gibt es auch Bereiche, die dieses Farbkonzept durchbrechen?
In den beiden Séparées, die jeweils an den Enden des L-förmigen Raumes anschließen, haben wir uns für eine etwas kühlere Farbgebung entschieden. Mit einem dezenten Lila-Ton, Stehlampen und Vitrinen wird diesen relativ kleinen Räumen mehr Leichtigkeit zuteil. Das Konzept selbst soll aber nicht durchbrochen werden – auch nicht in den Nassräumen. Wir haben zwar bewusst auf die heute beliebte „Erlebnis-Toilette“ verzichtet, erlauben uns aber, durchaus verspielt und mit einem Augenzwinkern, das Design hier noch einmal punktuell zu steigern. Immerhin soll der Gast beim WC-Gang zwischendurch nicht in ein dieserorts leider oft übliches Design-Loch fallen.

 

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Sacher Eck

Adresse: Philharmonikerstraße 4, 1010 Wien
Bauherr: Hotel Sacher Wien
Innenarchitektur: BWM Architekten und Partner ZT GmbH Arch. Mag. arch. Erich Bernard, Birgit Eschenlor, MA, Kathrin Baumgartner, MA

Projektumfang:
Neugestaltung Sacher-Shop (110 m2) und Sacher-Café (54 m2) mit Erweiterung im Mezzanin (280 m2) des Hotel Sacher Wien

Lichtobjekte, Luster: Megumi Ito
Lichtplanung: Egger Licht, Lighting Design GmbH
Ausf. Architekturbüro: Edelmüller Architektur
Küchensystem: Werner F. Redolfi Küchensystem Ges.m.b.H

Planungsbeginn: Juni 2015
Fertigstellung: Februar 2018

 

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Fotos: © BWM Architekten, Foto © Christoph Panzer

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Kategorie: Innovationen

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