Wein & Käse Kombinations-Tipps von Sommelier Gerhard Retter

10. Mai 2017 Mehr

Der u.a. als bester Sommelier Deutschlands ausgezeichnete Gastronom, Gerhard Retter stammt eigentlich aus Österreich. Genauer gesagt aus Hofkirchen bei Hartberg in der Steiermark, wo bereits die Eltern einen Gasthof führten. Er absolvierte seine Koch- und Kellner-Ausbildung zunächst in Bad Gleichenberg, arbeitete dann bei Eckart Witzigmann in München, bei Fredy Giradet in der Schweiz und bei Gordon Ramsay in London, bevor er – zurück in Österreich – bei Heinz Hanner in Mayerling bei Wien tätig wurde. Nach einem Zwischenstopp im Hotel Adlon in Berlin eröffnete Gerhard Retter 2009 sein eigenes Restaurant „Zur Fischerklause“ am Lütjensee nahe Hamburg. Seit 2013 leitet er außerdem, gemeinsam mit Partnern, die CORDOBAR-Deutsch-österreichische Weinbar“ in Berlin.

 

Gerhard Retter Sommelier

 

Sowohl in Deutschland als auch in Österreich wurde Gerhard Retter 2000 bis 2010 mehrmals als „Maître of the Year“ und „Sommelier of the Year“ geehrt und machte sich nicht nur als Wein- und sondern auch als Käse-Sommelier einen Namen. Zuletzt wurde ihm 2017 der Deutsche Gastronomiepreis verliehen. Als Konsultant ist Gerhard Retter unter anderem für die Österreich Wein Marketing GmbH, die amerikanische Luxus-Kreuzfahrt-Linie Crystal Cruise und das Wiener Ringstraßenhotel Grand Ferdinand tätig und ist auch als Experte für Wein und Käse in verschiedenen Printmedien und TV-Sendungen präsent. Wie fragten ihn nach seinen Tipps für die perfekte Wein-Käse-Kombination.

 

Gerhard Retter Sommelier

 

Wein und Käse, seit wann kennt man diese Nahrungsmittel eigentlich?

Der Weinbau begann vermutlich mit dem Sesshaft-Werden der Menschen und damit dann auch mit der Kultivierung von Reben. Die Kunst der Käserei hat wohl mit der Domestizierung von Ziegen und Schafen um ca. 10.000 v. Chr. ihren Anfang genommen. Natürlich setzt das die Entdeckung des Labes voraus, eines Enzyms aus dem Kälbermagen. Man kann aber auch den Saft des Feigenbaumes und den Saft des Farnes verwenden. Erstmals schriftlich ist Käse bei den Sumerern, etwa 3.000 v. Chr. belegt. Dort werden ca. 20 Weichkäse erwähnt, die bei Festmahlen an der Tafel des Königs serviert wurden.

 

Und kann man auch festmachen, wann Käse und Wein erstmals kombiniert wurden?

Käse und Wein-Kombination finden wir bereits bei Griechen und Römern. Neben Plinius dem Älteren und Homer schreibt etwa Vergil über „guten Wein und reichlich frischen Käse“. Beides war übrigens auch fixer Bestandteil der täglichen Ration für Roms Legionen. In katholischen Klöstern des Mittelalters galten Käse, Wein und Brot sogar als „Heilige Trinität“ der Tafel.Kann man bei so einel langen Tradition eigentlich noch neue Entdeckungen machen?
Natürlich. Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. Und was einem bestimmten Menschen in einer bestimmten Region zu einer bestimmten Zeit als perfekte Kombination galt, kann für andere komplett unnachvollziehbar sein. Und auch Käsesorten und Weine verändern sich. Käse, Wein und Mensch – alle drei sind „lebendig“ und unterliegen permanenter Veränderung und Reifung.

 

Gerhard Retter Sommelier

 

Gibt es Parameter, auf die man auf jeden Fall achten sollte?

Ja, Wein und Käse werden dabei durch genau dieselben Faktoren geprägt:
Die Herkunft
Vergleichen Sie etwa einen nordischen Käse mit griechischen Feta oder einen Mosel-Wein mit Reben aus Sizilien…
Das Ausgangsmaterial
Beim Käse sind das vor allem Kuh, Schaf und Ziege. Beim Wein haben wir Cabernet Sauvignon, Merlot, Pinot u.v.a.
Der Produzent
Es macht eben einen Unterschied, ob das Hauptaugenmerk auf Masse oder Klasse liegt. Beim Wein ebenso wie beim Käse.
Die Reifung
Beide Produkte verändern sich im Lauf ihrer Reifung grundlegend. Ein reifer Käse und ein Frischkäse sind komplett verschieden, ein Bordeaux von 1998 und einer von 1961 ebenfalls.
Die Lagerung
Auch sie spielt sowohl beim Käse als auch beim Wein eine wesentliche Rolle, wird aber vom Laien oft zu wenig berücksichtigt.
Anlass und Ort des Verzehrs
Diesen letzten Punkt sollte man auch nicht vernachlässigen. Es macht aber einen großen Unterschied, ob ich Wein und Käse als kleine Zwischenmahlzeit anbiete oder entsprechend zelebriere…

 

 

Gerhard Retter Sommelier

 

 

Können Sie auch konkrete Kombinationen empfehlen? Worauf sollte man hier achten?

Zunächst kann man Wein und Käse auf Grund einer Ähnlichkeit kombinieren – etwa jungen Wein zu frischem Käse – oder auf Grund von ergänzenden Eigenschaften, etwa herzhaft, deftige Sorten durch aromatische Würze. Reizvoll ist aber auch die Kombination von Kontrasten, wie etwa süß und salzig…

 

Was fasziniert Sie hier am meisten?

Wirklich geniale Symbiosen müssen immer wieder aufs Neue gesucht und erarbeitet werden. Da sich beides ja immer wieder neu präsentiert, ergeben dann aber geniale Offenbarungen, welche beeindrucken und faszinieren.

 

Wann ist eine Kombination Ihrer Meinung nach besonders gelungen?

Besonders gelungen finde ich es, wenn durch die richtige Wahl eventuelle „Mängel“ in einem der Produkte kompensiert werden. So können etwa kräftige, aromatische Hartkäse wie Sbrinz oder Grubenkäse Brettanomyces im Wein ausgleichen. Nussige, mittelkräftige Käse können eine leichte Oxidation im Weißwein kompensieren. Und, wenn man überreife Käse mit extrem aromatischen Weinen kombininiert, so kann man im Duett beiden Gutes tun.

 

 

Klassische Kombinationen

Chaource (französischer Weichkäse) und Champagner
Munster (französischer Weichkäse) und Gewürztraminer (aromatischer Weißwein)
Epoisses (französischer Weichkäse) und Marc de Bourgogne (Traubenschnaps aus der Champagne)
Vacherin Mont d‘Or (französischer Weichkäse) und Vin jaune (gelber französischer „Sherry“)
Reifer Manchego (spanischer Schafskäse) und reifer Amontillado Sherry (spanischer verstärkter Weißwein)
Stilton (englischer Blauschimmelkäse) und Port (roter portugiesischer Süßwein)
Roquefort (französischer Blauschimmelkäse) und Sauternes (edelsüßer französischer Weißwein)
Gorgonzola dolce (norditalienischer Blauschimmelkäse) und Moscto d‘ Asti (süßer italienischer Weißwein)
Rauchkäse und dunkles Bier

 

Fotos:© foto@gregorschulz.eu

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Kategorie: Food, Gastronomie | F&B

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