Süßwein statt Kaffee?

8. Februar 2015 Mehr

 

Im Design eher unauffällig, farbliche Akzente hier und da, ein edler Holzfußboden, ein paar Regale an den Wänden, mittig ein großer Tisch für Präsentationen und Verkostungen, große Fensternischen für genügend Tageslicht im Inneren. So sieht der Laden im Wiener Karmeliterviertel – ein ehemaliges Zuckerlgeschäft – von der zielstrebigen Diplomsommelière und Weinakademikerin Silvia Eichhübl aus.

 

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Begonnen mit der Übernahme eines Webshops, entwickelte sie ihre Neugierde und Leidenschaft weiter, sodass sie heute auf eine bereits zehnjährige Erfahrung in der Weinbranche zurückblicken kann. In ihrem wein.laden legt sie großen Wert auf Individualität und Besonderheit, ihre Produkte und Winzer findet sie auf Verkostungen oder Reisen und teilweise kommen die Weinbauern selbst auf sie zu.

Sortiert nach Rebsorten stehen zusätzlich zu den Klassikern auch biodynamische, vegane und koschere Weine zur Auswahl – alle zu erschwinglichen Preisen, begleitet von einer fachkundigen, exklusiven Beratung. Neben Rot-, Weiß-, Schaumweinen und Champagner bietet Silvia Eichhübl auch Süßweine an, eine oft vergessene oder unbekannte Alternative zum Kaffee nach dem Essen.

Eiswein, Trockenbeerenauslese, Auslese, süßer Rosé-Wein und Beerenauslese heißen sie – dazu gesellt sich demnächst auch ein Moscato d’Asti, da er sich ausgezeichnet für leichte Desserts anbietet. Doch nicht jeder Süßwein eignet sich als Dessertwein. Vereinfacht gesagt muss sich der Wein gut und harmonisch der Süßspeise anpassen. Auch für die Expertin selbst stellt die Kunst einen perfekten Begleiter zu finden eine besondere Herausforderung dar. Deswegen beginnt sie mit einem Bild eines mit der Süßspeise harmonierenden Weines im Kopf, wählt anschließend drei Sorten aus und stellt diese bei einer gleichzeitigen Verkostung mit dem Dessert gegenüber. Schwierig wird es, wenn das Dessert nicht mehr einfach nur Mohr im Hemd oder Crêpe Suzette heißt – denn das ist den meisten bekannt – sondern, wenn exotische Namensgebungen die Speisekarte zieren und somit jegliche Geschmacksvorstellung verschlossen bleibt.

Somit ist es durch die unzähligen Süßspeisenvariationen leider unmöglich, einen für alles ausfindig zu machen. Um trotzdem auf der sicheren Seite zu stehen, ist es zumindest schon einmal hilfreich zu wissen, dass die perfekte Trinktemperatur eines Dessertweines etwa bei 10 bis 16 Grad liegt und tendenziell kann gesagt werden: „Je weniger „laut“ eine Süßspeise im Geschmack ist, desto dezenter muss auch der Wein sein. Im Geschmack sehr ausgeprägte, fette, extrem süße Speisen verkraften auch einen ausgeprägteren, lauteren Süßwein“, so die Frau vom Fach.

 

 

Was unterscheidet nun den Dessertwein vom „normalen“ Wein?

Der große Unterschied liegt im Restzuckergehalt: Bis zu 12 g/l spricht man von „trocken“, 12 – 18 g/l „halbtrocken“, ab 18 – 45 g/l „lieblich“, ab 45 g/l „süß“. Weine, die zum Dessert gereicht werden, haben einen höheren Restzuckergehalt und sind nicht trocken – sie beginnen bei halbtrocken bis süß. So haben beispielsweise Trockenbeerenauslesen und Eisweine einen sehr hohen Restzuckergehalt, teilweise 150 – 200 g/l oder sogar mehr. In der Lagerung und im Anbau unterscheiden sie sich nicht voneinander, jedoch bei der Ernte: Trauben für Süßweine hängen länger am Rebstock, werden dadurch mit einem höheren Zuckergehalt geerntet und sind dabei schon oft verschrumpelt und eingetrocknet. Für manche Süßweine, wie zum Beispiel Stroh- und Schilfweine, werden die Beeren noch zusätzlich für mindestens zwei Monate auf Schilf oder Strohmatten getrocknet. Ziel ist ein möglichst hoher Wasserverlust bei gleichzeitiger Erhöhung des Zuckergehalts und Konzentration der Inhaltsstoffe.

 

Gärprozess und Alkoholgehalt

In Österreich gibt es sogenannte Prädikatsweine (Qualitätsweine besonderer Leseart und Reife), unter die auch Süßweine fallen – beginnend bei der Spätlese und endend bei der Trockenbeerenauslese. Diesen Weinen wird kein Alkohol zugesetzt. Oft wird der Gärprozess auf natürliche Art und Weise beendet, da durch den hohen Zuckergehalt die Hefe abstirbt und diese nicht mehr in der Lage ist, den gesamten Zucker in Alkohol umzuwandeln. Österreichische Süßweine haben daher auch meist einen geringen Alkoholgehalt von 9 – 11 %. Bei Likörweinen wird der Alkohol entweder nach oder während der Gärung zugesetzt. Wenn der Gärprozess durch den Alkohol gestoppt wurde (z. B. bei Portwein), verbleibt auch in diesen Weinen eine Restsüße – nur weist dann das Endprodukt einen viel höheren Alkoholgehalt auf.

Sherry ist nicht zwangsweise süß, ihm wird der Alkohol erst nach der Gärung zugesetzt. Die Süßung erfolgt durch die Beigabe von (süß ausgebauten) Weinen aus den Rebsorten Moscatel oder Pedro Ximenez oder aber einfach durch die Beigabe von Traubensaftkonzentrat. Bei leicht perlenden Süßweinen, wie beispielsweise den Moscato d’Asti, handelt es sich nicht um ein sehr konzentriertes Beerenmaterial mit hohem Zuckergehalt, sondern um einen süßlichen Wein aus der Muskattraube. Bei ihm wird der Most gekühlt und die Vergärung beim gewünschten Alkoholgehalt von 5 % gestoppt. So wandelt sich nicht der ganze Zucker in Alkohol um und eine angenehme Restsüße sowie auch CO2 – das bei der Vergärung entsteht – bleiben erhalten.

 

Mag. Silvia Eichhübl
Leopoldsgasse 14, 1020 Wien
www.weinladen.wien

 

Text: Anja Leinich / Fotos: Schedl_weinladen

Buchtipp: Wein und Tourismus (Erich Schmidt Verlag)

 

 

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Kategorie: Beverage, Gastronomie | F&B

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