Salz und Pfeffer, Essig und Öl

27. November 2017 Mehr

Einfach, vielfältig und mit der gewissen Bodenhaftung, so beschreibt Haubenkoch Tom Riederer seine Küchenlinie. Abends kocht er im Gourmetrestaurant Tom® für rund zwanzig bis dreißig Gäste ein einziges, dafür aber umso nuancenreicheres Menü aus 13 Gängen und mehr. Die Zutaten dazu kommen großteils aus der nächsten Umgebung, aus dem Kräuter- und Gemüsegarten des zum edlen Urlaubsdomizil umgestalteten Pfarrhofs, aus der hauseigenen Schaf-, Huhn-, Ziegen- und Hasenzucht oder von Produzenten rund um St. Ändrä im Sausal.

Alle Zutaten werden mit großer Sorgfalt gewählt, in Hinblick auf Herkunft und Qualität als auch auf ihr jeweiliges Aroma, ausgehend vom Eigengeschmack von Fleisch oder Gemüse über passende Kräuter, Essig und Öl bis hin zu vertrauten und überraschenden Kombinationen. Rezepte, in denen Kürbiskernöl und Himbeere oder Duftgeranie und Distelöl kombiniert werden, haben uns neugierig gemacht und so sprachen wir mit dem Küchenchef über Gewürze und Aromen, und was es dabei zu beachten gilt.

 

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Bei Salz ist die Auswahl ja nicht so groß. Worauf sollte man hier achten?
Ein gutes Salz gehört zur Grundausstattung. Manche bevorzugen Meersalz, andere Steinsalz. Ganz gleich ob flüssig oder gefördert, man sollte immer das Gleiche nehmen, dann weiß man, wie es sich verhält, kennt die Intensität usw.

Verwenden Sie auch Kräutersalz?
Ja, sehr gerne. Getrocknete Kräuter können ihre Aromen gemeinsam mit Salz noch stärker entwickeln: Getrockneter Rosmarin, fein gemahlen zum Salz, harmoniert zum Beispiel perfekt zu Lamm oder Geflügel. Zu Kalb oder Fisch passen Salz und Salbei, oder zum Fisch auch Salz und zitronige Noten wie Ananas- oder Mandarinensalbei, Zitronenverbene, Zitronenmelisse oder Zitronen- oder Orangenthymian. Dezent kann man auch Lavendel einsetzen. Da muss man aber sehr aufpassen, dass es nicht zu intensiv wird.

Kann man Salz eigentlich auch weglassen?
Ja, das steht immer wieder zur Diskussion. Bei sehr gutem Fleisch oder Fisch lohnt es sich durchaus, auch den Urzustand zu kosten. Fleisch von einer älteren Kuh oder ein gut abgelegenes Lamm haben einen so einzigartigen Eigengeschmack, dass man eigentlich kein Salz braucht. Sehr oft verzichte ich bei der Zubereitung generell auf Salz und würze erst nachher mit Fleur de Sel.

Sollen beziehungsweise dürfen Gäste nachwürzen oder selbst marinieren?Tom
Salate, die wie in Italien oder Greichenland üblich, ohne Marinade serviert werden, mag ich persönlich schon gerne. Sie wirken besonders frisch und der Gast kann selbst entscheiden, wie er sie essen möchte. Generell würzen wir aber schon eher geschmacksintensiv. Pro Jahr habe ich vielleicht einen Gast, der zusätzlich nach Salz und Pfeffer fragt.

Apropos Pfeffer: Gibt es hier einen besonderen Tipp von Ihnen?
Da wird vermutlich jeder seine eigenen Vorlieben haben. Ich persönlich bevorzuge Bergpfeffer. Weißen Pfeffer finde ich dagegen eher unangenehm.

Gibt es auch andere Gewürze, die Sie meiden?
Anis oder Sternanis habe ich früher nicht verwendet. Bis ich gelernt habe, ihn richtig einzusetzen. Sternanis in der Rindsuppe noch kurz nachziehen lassen oder mit Süßkartoffeln kombinieren, das gibt der Speise einen sehr angenehmen, runden Geschmack.

Anis und Fenchel lehnen ja auch viele Gäste ab, oder?
Das kommt, wie gesagt, sehr auf die Zubereitung an. Aber beide werden traditionell auch in der Krankenpflege eingesetzt, da sie besonders gut verträglich sind und die Verdauung fördern. Da sind negative Assoziationen natürlich vorprogrammiert.

Sind auch positive Assoziationen manchmal problematisch?
Ja, bei Zimt oder Nelken etwa, wird jeder an Weihnachten denken. Das ist durchaus positiv, führt aber dazu, dass diese Aromen zu anderen Jahreszeiten als unpassend empfunden werden. Dabei haben Nelken eine wunderbar beruhigende Wirkung – etwa bei Zahnschmerzen. Und Zimttee wirkt ebenfalls beruhigend – etwa bei Sonnenbrand – und wäre somit auch im Hochsommer ideal.

Die beruhigende Wirkung ist aber auch gut gegen Stress in der Vorweihnachtszeit, oder?
Ja vielleicht! Fehlt nur noch die Tonkabohne. Wegen ihres der Vanille ähnlichen Geschmacks passt sie gut dazu. Wegen ihres hohen Gehalts an Curamin sollte man sie aber nicht inflationär verwenden. In den USA ist sie sogar verboten, aber sparsam eingesetzt, hat sie schon ihren Reiz, vor allem der süßlich-würzige Geruch ist fast berauschend. Und ein bis zwei Bohnen auf einen Kilo Zucker geben diesem ein ganz besonders Aroma.

Die Tonkabohne stammt ja aus Südamerika. Inwieweit gilt der Anspruch auf Regionalität auch bei Gewürzen?
Die Qualität bei Anbau, Ernte und Verarbeitung wirkt sich sehr auf den Geschmack aus. Da ist es gut zu wissen, woher das Gewürz kommt. Senf und Koriander bauen wir zum Beispiel selbst an. Paprika bevorzuge ich in einer ganz bestimmten Qualität, handgemahlen und aus süßen Früchten. Da habe ich in Ungarn einen sehr guten Produzenten. Safran, der etwa im Iran in sehr großen Mengen angebaut wird, wächst auch regional bei uns, in Pannonien oder der Wachau. Und in Istrien steht er jetzt gerade kurz vor der Ernte.

Sind manche Gewürze nicht untrennbar mit bestimmten Traditionen verbunden? Wie Paprika mit der ungarischen oder Curry mit der indischen Küche?
Nicht unbedingt. Paprika passt auch sehr gut zu leichten Saucen oder zu säuerlichen Desserts, zu Früchten wie Ananas, Himbeere, Zitrone oder Mandarine… und Currymischungen mit einer leicht fruchtigen Note sind ideal zu Geflügel oder einem Fisch, der festeres Fleisch und keinen zu intensiven Eigengeschmack hat. Sehr gut sind auch Desserts und Früchte wie Marillen, Zwetschken oder Trauben mit Curry oder der nordafrikanischen Mischung Ras el-Hanout.

Apropos Früchte – Hier haben die verschiedenen Aromen ja auch zu einer Vielfalt an Essigsorten geführt…
Ja, früher kannte man vor allem den Apfel- beziehungsweise Mostessig. Faszinierend sind aber auch Beerenessige wie Himbeere, Johannis- oder Brombeere. Diese sind natürlich viel dicker und oft auch aromatischer als beispielsweise ein Balsamico. Wobei ein gut gereifter Balsamico oder verschiedene, angesetzte Kräuteressige auch fruchtige Noten haben können. Auf der anderen Seite verwende ich aber auch gerne einen weniger süßen Gurkenessig, nicht nur als Marinade, sondern auch mit Soda aufgespritzt als sommerlichen Durstlöscher.

Und wie verhält es sich mit den Ölen?
Auch hier ist die Vielfalt sehr groß. Fett an sich ist ja schon ein guter Geschmacksträger. Pflanzliche Öle sind aber auf jeden Fall leichter verträglich und gesundheitsfördernder als tierische Fette, vor allem wenn sie kaltgepresst sind. Welches Aroma ich verwende, hängt dann sehr von der Speise ab. Ein Fisch kombiniert mit Apfel und Traubenkernöl braucht zum Beispiel nicht mehr viel, um geschmacklich zu überzeugen. Sie können aber auch Öle selbst ansetzen und so ganz eigene Aromen kreieren. Getrocknete Paradeiser zum Beispiel verleihen dem Öl einen wunderbar runden Geschmack, der sich dann gemeinsam mit dem jeweiligen Gericht entfalten kann.

 

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www.TomR.at

Fotos: ©Karin Bergmann

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Kategorie: Gastronomie | F&B

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