Regional mit Kultstatus – Josef Floh

16. Mai 2018 Mehr

Von Langenlebarn über Fuschl nach Kitzbühel, Feuersbrunn und Chiemgau und 1993 wieder zurück nach Langenlebarn hat Josef Floh sein Werdegang als Gastronom und Koch geführt. In seinem „Steckbrief“ hebt er u.a. die größte Eisbecherproduktion seines Lebens 1987, die erste Auszeichnung als „Koch des Jahres“ 2001 und die Einführung des „Radius 66“-Prinzips 2008 hervor. Aber auch die Geburt der Kinder, der Meisterschaftstitel der Austria Wien und die Eröffnung des eigenen „Floh-Markts“ finden im Lebenslauf von Josef Floh Erwähnung.

Die kreative Küche des jungen Niederösterreichers mit der Liebe zu regionalen, hochwertigen Produkten und unverfälschten Aromen hat sich innerhalb kürzester Zeit einen Namen gemacht. Was die Anreise zum gerade einmal 30 Kilometer von Wien entfernten Koch mit Kultstatus durchaus rechtfertigt. Dieser Meinung dürften auch die Tester unterschiedlichster Restaurantführer sein. Wir fragten den unter anderem von Falstaff, Gault&Millau und A la Carte hoch gelobten Zwei-Hauben-Koch nach einzelnen Stationen seines Werdegangs und was es mit der Einschränkung auf regionale Küche, dem hochwertigen Kochen für Kinder und der Vielzahl fleischloser Gerichte in der Gastwirtschaft auf sich hat.

1987 haben Sie im Strandhotel Seerose in Fuschl mitgeholfen, 300 Eisbecher in 3 Stunden zuzubereiten. Hatten Sie jemals später wieder so intensiven Kontakt mit Eis?
Die Intensität habe ich nie wieder erreicht, aber wir haben das Glück, seit einigen Jahren das unfassbar großartige Bio-Eis der Familie Hansinger beziehen zu GastwirtschaftFloh-Gemuesegarten3dürfen. Zum Beispiel das Heidelbeer-Sauerrahmeis schmeckt großartig und punktgenau nach den Zutaten. Das Kalt-Warmspiel ist nach wie vor ein wesentlicher Faktor in der olfaktorischen Wahrnehmung und ganz wichtig – nicht nur beim Dessert sondern bei fast allen Gerichten.

1989 als Sous Chef im Restaurant zur Traube in Feuersbrunn haben Sie Ihre Liebe zum Wein entdeckt. Die Weinkarte in der Gastwirschaft wird ja auch allerorts besonders gelobt. Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihren Wein aus?
Für uns sind die Protagonisten und Winzer des Wagrams die wichtigsten Partner. Angeführt von Bernhard Ott gibt es eine Vielzahl toller Winzer mit großartigem Preis/Leistungs-Verhältnis und spannenden Weinen. Das Weinbaugebiet ist deshalb im großen Floh-Weinkeller am stärksten vertreten und wird auch am meisten verkauft und empfohlen.

1992 waren Sie bei Heinz Winkler in Aschau im Chiemgau – inwieweit hat Sie die Zeit dort geprägt?
Sehr. Neben einer fachlichen Hochküche, vor allem in Punkto Sensorik und Abschmecken, war es aber auch eine sehr wichtige persönliche Weiterentwicklung, so als junger Bursch ganz allein in der weiten Welt …. Auch in diesem 3-Sterne-Haus hat mich die wirtschaftliche und marketingtechnische Hintergrundarbeit bereits sehr interessiert und hier habe ich speziell auch in diesem Segment viel gelernt, auch wie es nicht sein soll.

1993 waren Sie ja erst 22 Jahre jung. Ist das nicht ein bisschen früh, um eine eigene KEG zu gründen?
Ich war bereit. Mit viel jugendlichem Elan und auch einer gewissen Leichtigkeit ist vieles ganz einfach passiert, ein gewisser „Flow“ (oder sollte es doch „Floh“ heißen) hat die ersten Jahre mitgeprägt, mit viel Gefühl für die wesentlichen und wichtigen Facts.
Man muss manchmal auch einfach ausprobieren, auch bei mir hat nicht immer alles funktioniert, aber den Schritt zu wagen ist bereits die erste Herausforderung. Und Herausforderungen liebe ich ….

Ab 2001 wurden Sie u.a. als „Koch des Jahres“, „Top Wirt“ oder „Wirt des Jahres“ ausgezeichnet. Wie wichtig sind solchen Bewertungen?
Es sind gute Wegweiser, Bestätigungen für Team und Mitarbeiter. Auch eine große Hilfe in wirtschaftlicher Hinsicht, jedoch sind die Freude an der Arbeit, die Liebe zur Arbeit und letzlich der Respekt für Natur, Tier und Mensch die tragenden Säulen im Leben.

2008 das „Radius 66“-Prinzip und 2010 die Bio-Zertifizierung zeigen schon sehr deutlich, dass sich „Der Floh“ Werten wie Regionalität und Bio-Qualität verschrieben hat. War die Eröffnung des Floh-Markts ist 2013 auch Teil dieser Philosophie?
Wir arbeiten und leben nach unserer „Radius 66“ – Philosophie – das heißt, wir kennen alle unsere Partner persönlich, wissen wie sie arbeiten und wo unsere Produkte herkommen. Dabei geht es nicht um eine dogmatische Kilometer-Linie (Einige Produzenten sind auch außerhalb des Kreises), aber die Wertschätzung gegenüber Produzent und Herkunft ist das Wesentliche. Wir sind davon überzeugt, dass biologische Landwirtschaft und Produktion der einzige Weg für Österreich in die Zukunft ist. Der Floh-Markt trägt wesentlich zur Transparenz unserer Arbeitsweise bei.

2012 fand die Umgestaltung der Gastwirtschaft statt – welche Rolle spielt das Ambiente? Und was war Ihnen beim Umbau sonst noch ein besonderes Anliegen?
Grund der Umgestaltung war vor allem auch, die innerbetrieblichen Ressourcen auf neue Beine zu stellen. Wir haben nun viel mehr Manipulationsfläche, Vorbereitungs- und Lagermöglichkeiten. Wir kochen über 8000 Gläser pro Jahr – als Basis für unsere ganzjährige, saisonale Arbeitsweise – dies braucht auch Platz.
Der Wohlfühlfaktor ist der alles entscheidende Punkt. Unsere Gäste werden von unseren Mitarbeitern stets respektvoll und herzlich betreut. Die Küche kreiert aus den vorhanden Produkten einfallsreiche und gut schmeckende Gerichte. Aber das Ambiente ist ebenso ein wichtiger Baustein, dem Gast einige gemütliche Stunden zu schenken.
Wir haben unseren Umbau 2012 übrigens auch nach der „Radius-66“ Philosophie durchgeführt. Das heißt, wir haben durchwegs Handwerker und Zulieferer aus dem engeren Umkreis ausgewählt. Diese haben – mit einer auf Baustellen seltenen Energie – unser Haus nach unseren Vorstellungen gestaltet.

2009 und 2015 die Geburten der Kinder, 2016 und 2017 die Kinderkochbücher „Der kleine Floh“ Was würden Sie hier nicht nur Eltern sondern vielleicht auch Gastronomen empfehlen?
Kinder sind unsere Zukunft. Kinder bereichern das Leben auf eine unglaubliche Art und Weise. Eltern sind stets Vorbilder und Mentoren in allen Bereichen und natürlich auch in der kulinarischen Versorgung. Dass Kinder die Vielfalt der Lebensmittel und der Geschmäcker erkennen und genießen können, ist eine der wichtigsten Gaben, welche Eltern ihren Kindern mitgeben sollten. Kinder sollen und dürfen deshalb auch vieles probieren und verkosten. So bildet sich der Geschmack in der Kindheit. Gastronomen sollen Kinder deshalb als vollwertige Gäste ernst nehmen und auf deren Bedürfnisse eingehen.

Und noch eine Frage zu den Rezepten, die Sie für uns ausgewählt haben. Diese sind ja alle fleischlos. Welche Rolle spielen Fisch und Fleisch auf Ihrer Karte?
Wir haben seit über zehn Jahren ein Drittel vegetarische Gerichte, ein Drittel Fischgerichte und ein Drittel Fleischgerichte auf der Karte, das heißt über 60 Prozent ist fleischlos. Die Gemüsevielfalt durch unsere vielen grandiosen Bauern und Partner ist einzigartig, auch unsere fleischlosen Gerichte sind deshalb äußerst attraktiv. Der Konsument möchte nicht täglich Fleisch essen. Leider ist dies in der Gastronomie aber noch nicht ganz angekommen.

Und wie gehen Sie mit besonderen Gästewünschen wie allergenfrei, glutenfrei oder vegan um? Ist die Kennzeichnung ein Mehraufwand?
Wir haben stets drei bis vier vegane Gerichte auf der Karte. Lactosefreie und Glutenfreie Gerichte werden bei uns auch bereits seit über zehn Jahren mit Icons versehen, sodass wir stets ein sehr übersichtliches Angebot in allen Bereichen anbieten können.

 

Karotte, Helwin & Helwin
Zutaten für 6 Personen

250 g Bio-Ox-Herz-Karotten
260 g Bio-Karotten „Nantaise“
120 g Helwin´s Ziegenfrischkäse
(aus kontrolliert biologischem Anbau)
80 ml Bio-Rapsöl
100 g Baby-Kräuterseitlinge
Bergkernsalz
Kräutersalz
Saatgut-Karottensamen
frische Wildkräuter nach Verfügbarkeit
(z.B. Schafgarbe)

Die Nantaiser Karotten mit der Schale würfeln, in Rapsöl anschwitzen, mit Gemüsefond ablöschen, weichkochen und nach ca. 15 min mit 20 ml Rapsöl fein pürieren. Die Ox-Herzkarotte mit Bergkernkräutersalz würzen und im Rohr zugedeckt bei 145 °C ca. 40 min schmoren.
Die Baby-Kräuterseitlinge in Rapsöl glacieren und mit Kräutersalz würzen.
Mit Helwin´s Ziegenfrischkäse, Saatgut-Karottensamen, frischen Wildkräutern und Rapsöl vollenden.

 

„Herzstück“
in Mangalitza-Bratl´fett geschmorter Knollen-Sellerie

1 Stk. Knollensellerie (ca 600 – 900 g)
80 g Mangalitza-Bratl-FettJosef Floh herzstueck
Bergkernsalz
100 ml Gemüsefond (bekommt man beim Blanchieren von Kohl)
1 Kohlkopf
getrocknete Trauben
1 Topaz-Apfel
30 g Kren
10 ml Verjus
20 ml Rapsöl

Die Kohlblätter vom Kopf lösen, den Strung entfernen und in feine Streifen schneiden.
In Salzwasser blanchieren und kalt abschrecken. Den Gemüsefond später zum Schmoren des Sellerie verwenden.

Den Topaz-Apfel samt Krenwurze mit einem Krenreißer reiben und mit etwas Verjus und Salz würzen und einen Apfel-Kren nach Geschmack zubereiten.

Den Knollensellerie gründlich schälen und in etwa gleich große Keile schneiden.
In einem geräumigen Topf das Mangalitza­bratlfett und den Gemüsefond erhitzen, die Sellerie-Keile mit etwas Bergkernsalz würzen und ca 20 min im Mangalitza-Bratlfett langsam schmoren.

Abschließend die Kohl-Streifen in wenig Rapsöl anschwitzen, getrocknete Trauben hinzufügen und auf vorgewärmten Tellern anrichten.
Den geschmorten Sellerie daraufsetzen und mit dem Apfelkren vollenden.

Tipp: Wir servieren dieses Gericht gerne auch als Hauptspeise, da es durch seine Intensität auch der Höhepunkt eines Essens sein kann.

 

Fotos:©Jürgen Skarwan, Jörg Lehmann

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Kategorie: Gastronomie | F&B

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