Koch gesucht und gefunden – Interview mit Thomas Pedevilla

24. April 2019 Mehr

Was braucht es, um einen vielversprechenden Mitarbeiter vom neuen Arbeitsplatz zu überzeugen? Wir sprachen mit Arbeitgeber (Florian Wille) und Arbeitnehmer (Thomas Pedevilla) über Fachkräftemangel, Fluktuation und Karriere in der Gastronomie.

 

Thomas Pedevilla

Thomas Pedevilla

 

Was ist Ihrer Erfahrung nach der Hauptgrund für den vielbeklagten Fachkräftemangel in der Gastronomie?

Florian Wille: Es zählt sicherlich zu den größten Herausforderungen, MitarbeiterInnen mit der richtigen Einstellung, Bereitschaft und Ausbildung zu finden. Man hört oft von langen Arbeitszeiten, auch an Feiertagen, oder auch von niedrigeren Gehältern. Leider hört man aber nur sehr selten von den positiven Aspekten wie der Möglichkeit, überall auf der ganzen Welt arbeiten zu können, Menschen und Kulturen kennenlernen zu können, günstige Urlaube an den schönsten Plätzen der Welt zu machen. Ich glaube, dass wir durchaus eine sehr interessante Branche für die Millenials sein können, aber da müssen wir noch an unserem Profil und Image arbeiten.

 

Stichwort: Arbeitszeiten. Gelten hier in der Gastronomie traditionell andere Gesetze?

Florian Wille: Natürlich gelten in der Gastronomie dieselben Gesetze wie in anderen Branchen. Die Dienstplangestaltung ist eine hohe Kunst, da man sowohl die Bedürfnisse der Mitarbeiter soweit wie möglich in Betracht ziehen möchte, aber auch der Gast seine Erwartungen an den Service hat. Und wenn um 3 Uhr morgens jemand etwas zum Essen bestellen möchte, dann bieten wir diesen Service selbstverständlich an.

 

Und wie steht es um Hierarchien in der Küche? Herrscht hier nicht seit jeher ein rauerer Ton?

Thomas Pedevilla: Ich finde prinzipiell eine lockere Atmosphäre und ein gutes Verhältnis mit den Kollegen wichtig. Ab und zu ein Feierabendbier oder ein netter gemeinsamer Abend mit dem Team schweißen zusammen. Während dem Service steht aber die Arbeit an erster Stelle und dann sind auch klare Anweisungen angebracht. Konflikte lassen sich nicht immer vermeiden, aber das ist menschlich – dann spricht man darüber.

 

Florian Wille

Florian Wille

 

Warum denken Sie, bleiben qualifizierte Mitarbeiter oft nur kurz in einem Betrieb?

Florian Wille: Ich habe selbst über 20 Jahre lang Jobs und Destinationen gewechselt, auch während der letzten 11 Jahre mit Kempinski. Eine gewisse Fluktuation ist natürlich und durchaus auch gesund, allerdings gibt es wunderbare Beispiele von Mitarbeitern oder auch Direktoren die mehrere Jahrzehnte im selben Haus tätig, glücklich und erfolgreich waren und sind. Ich denke, man sollte die Anfangsjahre nutzen, um seine Bestimmung zu finden, die Möglichkeit nutzen in anderen Ländern und Kulturen zu arbeiten und leben. Wenn man älter wird, eine Familie hat, dann tendiert man eher dazu sesshaft zu werden und seine Erfahrungen an einem Ort einzubringen.

 

Welche Rolle spielen die Rahmenbedingungen, damit Mitarbeiter bleiben?

Florian Wille: Natürlich ist es wünschenswert einen Mitarbeiter im Unternehmen zu halten – ihn zu formen, zu bilden und ihm die Möglichkeit für ein erfülltes (Berufs-)Leben zu geben. Hier spielt der kulturelle Hintergrund auch eine große Rolle. Ich habe in Ländern gearbeitet, da ist die Möglichkeit einer internationalen Karriere kein Ansporn, weil die Menschen sehr stark an ihre Familie und Ihre Heimat gebunden sind. In anderen Destinationen war es ohne die Aussicht auf Transfer oder Beförderung in ein anderes Land sehr schwierig, talentierte Mitarbeiter zu finden. Ich sehe in unserer Branche nicht mehr und nicht weniger Schwächen als in anderen Berufen – leider wird eben zu oft eine Schattenseite kolportiert.

 

EDVARD Appetizer

 

Herr Pedevilla, was hat Sie und Ihre Kollegen oft bewogen weiterzuziehen?

Thomas Pedevilla: Ich wollte zumeist weiterziehen, weil ich neue Herausforderungen gesucht habe und mich weiterentwickeln und Neues kennenlernen wollte. Andere gehen weg, weil sie aus verschiedensten Gründen unzufrieden sind. Koch ist eine zentrale Stelle für einen Betrieb und da muss man schon gut mit dem Team und dem Umfeld harmonieren. Wenn hier etwas nicht passt, dann merkt man das schnell und dann ist es auch für beide Seiten das Beste, wenn man sich trennt.

 

Herr Pedevilla, was sind die größten Herausforderungen für einen Koch?

Thomas Pedevilla: Arbeitszeiten, Trennung von Freunden und Familie, Arbeiten an Feiertagen – das Gastgewerbe kann hart aber auch unglaublich erfüllend sein. Man sollte in schwierigen Phasen Durchhaltevermögen zeigen und sich privat einen guten Ausgleich suchen. Und die schönen Momente dann umso ausgiebiger genießen und mit dem Team feiern.

Eine große Herausforderung, aber auch Bereicherung, war für mich die Zeit im Hangar 7. Durch den monatlichen Wechsel der Gastköche musste man sich immer wieder auf neue Menüs einstellen. Üblicherweise wechseln Sternerestaurants als eingespieltes Team ihr Menü alle drei bis vier Monate und hier mussten wir jeden Monat neue Stile, Zubereitungsarten, Zutaten etc. auf höchstem Niveau präsentieren, das verlangt viel ab.

 

Herr Wille, ein neuer Koch beeinflusst auch die Küchenlinie. In wieweit darf sich diese in einem renommierten Restaurant wie dem EDVARD ändern?

Florian Wille: Ein Wechsel ist immer auch eine Bereicherung, da neue Aspekte, Ansätze und Techniken eingebracht werden. Aber auch hier gibt es großartige KollegInnen, die mit ihrer Konstanz in Service und Produkt über Jahrzehnte kulinarische Geschichte gekocht und Legenden kreiert haben. Jeder Koch hat seine Handschrift. Und um erfolgreich zu sein, ist es immer notwendig, seine Persönlichkeit und Kreativität einbringen zu können. Ich freue mich sehr, dass wir Thomas Pedevilla für das EDVARD gewinnen konnten. Er ist jung, frisch, authentisch. Ich denke, dass die Gäste genauso viel Freude am Entdecken der Kreationen haben werden wie es das Team beim Kreieren hat. Thomas wird die Gäste auf eine alpin-mediterrane Entdeckungsreise schicken und Momente und Emotionen generieren, die zum Wiederkommen verleiten.

 

EDVARD Essen

 

Fotocredit:©Palais Hansen Kempinski

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Kategorie: Gastronomie | F&B

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