Dominique Schilk – die Bierkollaborateurin

6. Dezember 2016 Mehr

Die 30 jährige diplomierte Biersommelière, Barmanagerin und Teilhaberin des Wiener Kultlokals Hawidere, Dominique Schilk, ist mittlerweile vielen Bierkennern ein Begriff: Sie verzaubert ihre Gäste nicht nur mit zahlreichen Craftbieren und dazugehörigem Know-how, 2014 ging sie mit ihrem Label Collabs selber unter die Brauer und präsentierte 2015 ihr preisgekröntes Domrep Pils, das sie mithilfe der Tiroler Kleinbrauerei Bierol entwickelte. Andreas Laser traf sie im Bierspezialitätengeschäft BeerLovers in der Wiener Gumpendorferstraße und sprach mit ihr über ihre ersten Begegnungen mit Craftbier, neue Trends, Bierdosen und ihre Tätigkeit als Nomadenbrauerin. Als zusätzlichen Bonus für unsere Leser suchte sie bei dieser Gelegenheit auch ein paar ihrer aktuellen Lieblingsbiere aus dem Regal, die wir auf den nächsten Seite präsentieren.

 

hawidere

Wie bist du mit Craftbeer in Berührung gekommen?
Das war gemeinsam mit „Hawidere“-Wirt Adalbert Windisch bei uns im Lokal, als uns Markus Betz von unserem Getränkelieferanten Ammersin ein paar Craftbiere zum Kosten mitbrachte. Die unerwarteten Aromen haben mich zwar sehr erstaunt, ich konnte mir aber auch nicht vorstellen, dass man davon mehr als ein Glas trinken wollen würde. Die eigentliche Begeisterung hat sich dann nach und nach durch weiteres Probieren entwickelt, bis es mich dann richtig gepackt hat.
Wir haben dann im „Hawidere“ einmal mit zehn verschieden Craftbieren auf der Karte angefangen und eigentlich kaum etwas über die Materie gewusst. Als wir uns dann intensiver mit dem Thema beschäftigt haben, war uns recht bald klar, dass sich zumindest einer von uns richtig damit auskennen muss, wenn wir unsere Gästen überzeugen wollen. Dann ging plötzlich alles ganz schnell und die logische Konsequenz war dann meine Ausbildung zur Biersommelière und später auch zur Diplom Biersommelière. Adalbert ist mittlerweile auch Diplom Biersommelièr weil ihn das Thema dann so gepackt hat.

Und wie sieht das Sortiment heute aus?
Aktuell führen wir 67 Flaschen- und Dosen- sowie 14 offene Biere. Wobei sich das Sortiment auch bei den offenen Bieren sehr häufig ändert.

Du bist auf vielen Craftbier Festivals in ganz Europa unterwegs. Was sind da die aktuellen Trends?
Lange Zeit war das Hauptthema IPA (India Pale Ale) und beinahe jeder hat bei dem Trend mitgemacht. Jetzt kommt es mir so vor, als hätten die meisten Brauer das Thema abgehakt und brauen wieder vermehrt das, was ihnen Spaß macht.
Ganz stark im Kommen ist momentan auch das sogenannte „barrel aging“. Also das Reifen von Bier in Holzfässern. Und die Ergebnisse sind zum Teil wirklich bemerkenswert.
Ein anderer Trend sind zurzeit aber gerade die Sauerbiere, auch wenn sie wohl nie ein ganz so breites Publikum ansprechen werden wie immer noch die IPA´s.

Was zeichnet diese Sauerbiere denn aus?
Gerade im Sommer ist der erfrischende, spritzige und säuerliche Geschmack sehr beliebt. Meistens haben Sauerbiere auch einen viel geringeren Alkoholgehalt. Unser Sauer?Lump! hat z.B. nur 3%. Es ist ein bisschen wie eine Erwachsenenlimonade.

Craftbiere werden sehr häufig ausschließlich in Dosen angeboten. Wie kommt das?
Eine Dose ist das Beste, was man einem hellen, gut gehopften Bier abseits vom Fass antun kann. Das Bier ist absolut lichtgeschützt. Das heißt, der lichtempfindliche Hopfen hält sich sehr gut. Sie ist absolut luftdicht, was bei der Flasche nie zu 100% der Fall ist. Zudem ist die Dose platzsparender, was sie besonders bei weiten Transportwegen auch sehr effizient macht. So gesehen ist die Dose eigentlich wie ein kleines Fass und bei gleicher Marke sogar fast immer das bessere Bier.

Woher kommt der schlechte Ruf von Dosenbier?
Der rührt auch daher, dass sich kaum jemand ein Dosenbier in ein Glas einschenkt. Eine Flasche schon eher, aber auch wenn direkt aus ihr getrunken wird, führt sie einen etwas an der Nase herum. Mit der kleinen Öffnung der Flasche benetzt man hauptsächlich nur die Zungenspitze. Daher kommt einem das Bier viel süßer und süffiger vor als es das aus einem Glas oder der Dose tun würde.
Ich habe mir praktisch jedes gängige österreichische Bier, von dem es Flasche und Dose gleichermaßen gibt, besorgt und blind verkostet. Abgesehen davon, dass man nie 100% den selben Sud in der Flasche und der Dose hat, ist die Dose in der Regel das frischere Produkt. Geschmacklich und vom Geruch her ist in ihr alles noch viel kompakter vorhanden. Auch beim Einschenken ist die Entwicklung eine andere und man sieht den Unterschied sogar an der Kohlensäure.

Und wie reagieren die Gäste auf die Dosen?
Man muss es ihnen schon oft erklären. Die Dose ist bei uns einfach als billig und schlechter verschrien.

Das heißt aber auch, ein gutes Bier gehört in das richtige Glas, oder?
Ganz allgemein sollte man ein Bier immer aus einem geeigneten Glas zu sich nehmen, um den bestmöglichen Geschmack zu haben. Man schmeckt einfach viel mehr, wenn man dem Bier noch Luft und Raum gibt.
Um das Maximum herauszuholen sollte nach Möglichkeit sogar für verschiedene Bierstile ein jeweils eigenes Glas genommen werden. Recht auffällig sind da z.B. die IPA Gläser, bei denen sich das Bier beim Trinken über speziellen Rillen bewegt und so der Hopfen nochmal aktiviert wird. Dadurch entfalten sich die Aromen noch intensiver. Zur Not kann man aber auch ein Weinglas nehmen.

Wann kam dann die Idee, selbst unter die Brauer zu gehen?
Die Idee vom eigenen Bier kam eigentlich schon sehr kurz nach meiner Ausbildung zur Biersommelière auf. Ganz nach dem Motto: Es wäre total cool, ein eigenes Bier zu brauen, vielleicht geht das ja irgendwie.
Auf dem ersten Craftbeer Fest in Wien sind wir dann mit den Jungs von Bierol ins Gespräch gekommen und meinten einfach: Hey, habt ihr nicht Lust einmal etwas gemeinsam zu machen? Und so hat dann eines zum anderen geführt.

Wie kam es zur Idee, gerade ein Pils zu brauen?
Mit dem Craftbeer-Boom hat wirklich jeder angefangen IPA´s zu brauen und natürlich habe ich am Anfang auch mit diesem Gedanken gespielt. Dann dachte ich mir aber, warum etwas brauen, das mit der österreichischen Bierkultur eigentlich nichts zu tun hat. Obergärig brauen wir hier ja traditionell kaum. Also warum nicht einfach ein knackiges, stark gehopftes und aromatisches Pils, wie es so bis jetzt noch nicht da war.

Und wie ging es nach der Entscheidung weiter?
Ich habe mich dann erst einmal durchgekostet, was der Rest der Welt so an Pils macht. Anschließend habe ich mir mit Christoph Bichler, dem Headbrewer von Bierol, den Kopf zerbrochen. Die Richtung festgelegt, Hopfen und Malze besprochen und langsam entstand das erste Bild von dem Bier. Bis dann letztendlich das fertige Rezept herauskam und wir gemeinsam in Tirol losbrauen konnten.

Und wurden die Erwartungen dann auch erfüllt?
Ich war vor dem Kosten des fertigen Bieres total nervös, da ich nicht während der ganzen Reifung dabei sein konnte. Letztendlich war es dann aber sogar eine Spur besser, als ich es mir vorgestellt hatte. Und zu meiner Freude ist es dann auch beim Release super angekommen. Selbst bei Leuten, die sonst nicht typische Biertrinker sind.

Als Nomadenbrauerin ohne eigene Brauerei arbeitest du jetzt ja mit mehreren Partnern zusammen.
Das stimmt. Z.B. hatte ich auch mit der Englischen Brauerei Thornbridge ein Bier kreiert, das es nur für kurze Zeit in limitierter Auflage gab. Das Domrep Pils brauen wir mittlerweile in der Brauerei Schrems. Wir mussten wegen der höheren Nachfrage das Brauvolumen einfach nach oben skalieren und haben dort jetzt den perfekten Partner dafür. Die neueste Kreation, Sauer?Lump! entstand wiederum in Kooperation mit dem Brauwerk Wien.

Wie war da die Entstehungsgeschichte?
Mir war klar: Ich will etwas Saures machen. Wir haben uns dann mit dem Brauwerk zusammengesetzt und ich erzählte ihnen von meiner Idee, eine Berliner Weisse mit Sauerampfer zu machen. Sie waren dann sofort begeistert und so kam das dann ins Rollen.

Und für die Zukunft sind noch weitere Biere bzw. Kollaborationen geplant?
Aber Klar!

 

Interview & Fotos: ©Andreas Laser

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Kategorie: Gastronomie | F&B, Schlagzeilen

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